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V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden
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ten Funktionen und der damit zusammenhängende Umstand , dass Schrumpfungs-
prozesse ab einem gewissem Ausmaß mit einem zunehmenden Aufkommen an Kor-
porierten einherzugehen pflegen. Da umgekehrt deren Anteil in Wachstumsphasen
eher sank ( eindeutig zu Haiders Zeiten , weniger klar unter Strache ), ist festzustel-
len , dass ein ‚Rechtsruck‘ der Partei historisch zwar von Korporierten wesentlich mit-
getragen bzw. mitinitiiert zu werden pflegte , den parteiinternen Stellenwert Letzte-
rer – längerfristig – aber eher senkte , als ihn zu erhöhen. Der Grund hierfür ist im
Charakter der von Haider und Strache getragenen Wachstumsprogramme zu finden :
Während der Amtsantritt beider mit verbindungsstudentischen Hoffnungen auf eine
völkische Renaissance nach quasi-liberalen Intermezzi verbunden war , verfolgten beide
Parteichefs in weiterer Folge durchaus anti-liberale und ethnisierende Politiken , arti-
kulierten diese aber in moderneren , mehr an Massenwirksamkeit denn an völkischer
Dogmatik orientierten Formen. Eine Schwächung der Korporierten war damit frei-
lich nur im relativen Sinne verbunden
– gemessen an ihrer Bedeutung für die Einset-
zung der erwähnten Obmänner und an ihrer langfristigen Stellung gegenüber ande-
ren Einflussgruppen innerhalb der FPÖ. Auf gesamtgesellschaftlicher Ebene nahm
der durch die Partei vermittelte Einfluss von Korporierten in beiden Wachstumspha-
sen zweifellos zu.
Auf der Bundesländerebene ergeben sich in puncto Korporiertendurchdringung
wesentliche Unterschiede , wenngleich zur Absicherung dieser Feststellung detail-
liertere Analysen für die einzelnen Landesgruppen durchzuführen wären. Die erho-
benen Daten legen zumindest die Einstufung Wiens als Bundesland mit einem be-
sonders hohen Stellenwert von Korporierten ( und gerade auch Burschenschaftern )
in der freiheit lichen Rekrutierungspraxis nahe. Dass dieser Stellenwert erst ab den
1970er-Jahren etabliert wurde und ein einzelner Bund ( Aldania Wien ) dabei eine zen-
trale Rolle spielte , verweist auf die Bedeutung des Aufbaus und Unterhalts von in-
nerparteilichen Netzwerken. Diese wirken nicht nur lokal , sondern können – be-
reits zur Studienzeit im Parteivorfeld begründet – auch auf andere Länder und auf
die Bundesebene ausstrahlen. Ein Beispiel für den erstgenannten Transfer liefert die
Präsenz von Angehörigen Wiener Verbindungen in der oberösterreichischen FPÖ.
Die Ausstrahlung von Korporiertennetzwerken auf die Bundespartei wiederum lässt
sich etwa anhand der Übernahme zunächst des RFS , dann der Wiener Landespartei
und schließlich der Bundesparteiführung durch eine Gruppe eher liberal eingestell-
ter Korporierter um Steger und Friedhelm Frischenschlager in den 1970er- und frü-
hen 1980er-Jahren zeigen ( vgl. Abschnitt V.3.1 ).
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Subtitle
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Author
- Bernhard Weidinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619