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V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ
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FunktionärInnen und WählerInnen gezählt. Weniger um ihn angesiedelte Positionierun-
gen charakterisierten damals das innerparteiliche Wirken von Korporierten als eher der
Drang , diese Positionen ohne taktische Rücksichtnahmen nach außen zu tragen. Über die
Jahrzehnte erodierten jedoch manche der einstmaligen Konsenspositionen und avancier-
ten immer mehr zu verbindungsstudentischen Spezifika. Immer wieder verhielten Kor-
porierte die Partei zur Vertretung von Positionen , die für breite Bevölkerungsschichten
kaum Relevanz oder gar Priorität besaßen
– und beschnitten damit mutmaßlich auch das
freiheitliche Stimmenpotenzial. Anton Pelinka argumentierte 2012 zudem , dass bereits
die bloße ( sichtbare ) Präsenz von Korporierten an der FPÖ-Spitze
– noch vor jeder in-
haltlichen Äußerung
– dem Erfolg der Partei abträglich sein könnte , widerspreche doch
die Häufung einer gesellschaftlich marginalen Personengruppe in Führungsfunktionen
„etwas dem Anspruch der Freiheitlichen Partei , Volkspartei zu sein“.401
Eine vierte Problemstellung ergab sich für die FPÖ daraus , dass manche der von
Korporierten über sie ( oder von ihr mit Rücksicht auf die Korporationen ) vertretenen
Positionen mit dem
– zunächst antinazistischen , bald antitotalitären , stets aber austria-
zistischen – politischen Grundkonsens der Zweiten Republik nur schwer in Einklang
zu bringen waren. Rechtsextremistische „Entgleisungen“ korporierter Repräsentanten
konnten nach Peters Angaben in der medialen Vermittlung selbst dann auf die Partei
zurückfallen , wenn ihr Urheber gar nicht als deren Funktionär aufgetreten war.402 Die
abschreckende Wirkung , die von solchen Äußerungen sowohl auf gemäßigte WählerIn-
nenschichten als auch auf potenzielle KoalitionspartnerInnen ausging , erschwerte die
von der FPÖ-Führung seit der Parteigründung angestrebte Erlangung von Salon- und
damit auch Regierungsfähigkeit nicht unwesentlich.403 Vor diesem Hintergrund kam
Peter nach eigener Darstellung schließlich zu dem Schluss ,
daß das Prinzip der Unabhängigkeit der Gegenseitigkeit bedarf. So wie diese [ die völki-
schen „Vereine und Verbände“, Anm. B. W. ] das Recht beanspruchten , Kritik an der FPÖ
zu üben , wenn zum Beispiel Stellungnahmen derselben in Richtung des Deutschtums nicht
ausgeprägt genug ausfielen , mußte es das Recht der Parteiführung und manchmal sogar die
Pflicht derselben sein , sich von aus dem Verbändebereich kommenden extremen Erklärun-
gen zu distanzieren.404
401 ORF-Report vom 19. 6. 2012.
402 Peter 1998 , 141.
403 Vgl. dazu erneut Gernot Bauer : Abgesehen von der engen Begrenztheit des ‚nationalen‘ Stimmen-
potenzials vertreibe „( o )ffenes Werben um Germanentum-affine Kernwähler ( … ) potenzielle Neusympa-
thisanten aus antisozialistischem konservativem Milieu“ ( http://www.profil.at/Articles/1132/560/304094/
strache-ballastrevolution , Artikel vom 18. 8. 2011 ).
404 Peter 1998 , 144.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Subtitle
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Author
- Bernhard Weidinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619