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Kirche und Habitus im kulturellen
Gedächtnis332
So ehrte der nationalsozialistische Klagenfurter Oberbürgermeister Friedrich
von Franz den Kärntner Künstler als »Künder der Ideen Adolf Hitlers«431. Gauleiter
Friedrich Rainer schreibt in seinem Vorwort zu Lobissers Autobiographie :
Uns war sein Werk in der Zeit des Kampfes der künstlerische Ausdruck eines Bekenntnisses
zu Adolf Hitler. In seinem Holzschnitt vom Papst, Kaiser und Bauern sehen wir doch alles
das ausgedrückt, was die Idee von Blut und Boden in sich schließt. Seine vielen mütterlichen
Gestalten, die Kinder, die Jäger, der Wald und die vielen Tiere im Walde, alles das sind für
uns Verkörperungen des deutschen Menschen, der deutschen Heimat. In der Zeit übelster
Entartung ist Lobisser sich und seiner deutschen Art treu geblieben. Ich kenne keinen deut-
schen Künstler, der so urgesund ist wie Lobisser. Ein Meister des Handwerkes und durch
die Beherrschung der Materie befähigt, die kühnsten Regungen seines Künstlertums zu
gestalten, verkörpert Lobisser die Idealgestalt des deutschen Künstlers, wie sich der Führer
ihn wünscht. Daß er darüber hinaus auch persönlich während der Kampfzeit sich stets zu
uns bekannte und mit uns für den Führer tätig war, macht ihn zu unserem Kampfgefährten
und Kameraden, zum nationalsozialistischen Künstler des Landes Kärnten.432
Tatsächlich wurde Lobisser von den Nationalsozialisten hochgejubelt, und das lange
vor dem »Anschluss« 1938. Er selbst schreibt :
1934 haben die Illegalen dem Führer eine große Mappe mit fünfzehn der besten meiner
Schnitte überreicht, die Partei braucht Arbeiten aus meiner Hand. Aber mit dem Tage, als
man sich in den festlich geschmückten Straßen von Klagenfurt stumm die Hände reichte
ob der befreienden Tat des Führers, häuften sich die Aufgaben. Reichsminister Dr. Frick
kommt nach Klagenfurt, besichtigt das Fresko von 1928 im Landhaus und ordnet an, ich
solle den Rest des Raumes weiterbearbeiten. Dr. Goebbels kauft von mir, Heß, dem ich wie
Goebbels Fresken zeigen darf, bekommt Angebinde aus meiner Werkstatt. Aufträge wie
das Denkmal-Fresko in Lamprechtshausen sind ohne den Umbruch nicht denkbar. […]
Reichsminister Ohnesorge kauft viel und bestellt ein großes Ölbild und anderes.433
Auftragswerke wie die Fresken im Landhaus oder der Holzschnitt Großdeutschland
(1938)434 sind Beispiele nationalsozialistischer Kunst par excellence (vgl. Abb. 20).
431 Lobisser, S.: Das Lobisserbuch (1941), 128 f.
432 Rainer, F.: Vorwort (1941), 7. Rainer erwies sich als wichtiger Förderer für Lobisser. Koschat, M.:
»Urgesund« (2017), 265 f.
433 Lobisser, S.: Das Lobisserbuch (1941), 127.
434 Dieses Werk existiert auch mit einer anderen Bildunterschrift : »Wann doch, wann erscheint der
Meister, der Großdeutschland, dich erbaut ! wie die Sehnsucht edler Geister ahnungsvoll dich längst
erschaut«. Kleinhenn, G.: Switbert Lobisser (1996a), 176 f.
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Die Kirche und die »Kärntner Seele«
Habitus, kulturelles Gedächtnis und katholische Kirche in Kärnten, insbesondere vor 1938
- Title
- Die Kirche und die »Kärntner Seele«
- Subtitle
- Habitus, kulturelles Gedächtnis und katholische Kirche in Kärnten, insbesondere vor 1938
- Author
- Johannes Thonhauser
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23291-9
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 402
- Keywords
- Kärnten, katholische Kirche, kulturelles Gedächtnis, Habitus, Christlicher Ständestaat, nationalsozialistische Bewegung, Switbert Lobisser, Dolores Viesèr, Emilie Zenneck, Hans Sittenberger
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Danksagung 11
- Die katholische Kirche und der Sonderfall Kärnten 13
- 1 Vorbemerkungen 13
- 2 Hinführung 17
- 3 Theoretische Vorüberlegungen 30
- 3.1 Soziologische Grundannahmen 31
- 3.2 Kulturelles und kollektives Gedächtnis 39
- 3.3 Zum methodischen Umgang mit Kunst und Literatur 49
- 1 Missionierung und Christianisierung 59
- 1.1 Zur Missionierung und Christianisierung in Kärnten 60
- 1.2 Politische und kirchliche Entwicklungslinien Kärntens im Hochmittelalter 63
- 1.3 Die Kirche und die territoriale Integration Kärntens im Spätmittelalter 67
- 1.4 Religiöses Leben und kirchliche Struktur im spätmittelalterlichen Kärnten 69
- 2 Das Konfessionelle Zeitalter 73
- 3 Das Nationale Zeitalter 103
- Kirche und Habitus im »Christlichen Ständestaat« 129
- 1 Hinführung 129
- 2 Die Kirchenaustrittsbewegung in Kärnten 1933 bis 1938 151
- 2.1 Hinführung 151
- 2.1.1 Der Geheimerlass vom 10. Juli 1933 155
- 2.1.2 Zur politischen Parteinahme der Seelsorger in den Kärntner Pfarren 157
- 2.2 Zur allgemeinen Entwicklung der Kirchenaustrittsbewegung 1933 bis 1938 162
- 2.2.1 Vom Geheimerlass zu den Silvestertumulten 1933/34: die Ruhe vor dem Sturm 163
- 2.2.2 Von den Silvestertumulten 1933/34 bis zum Juliputsch 1934: der Exodus aus der Kirche 165
- 2.2.3 Vom Putsch 1934 zum Urgenzschreiben 1936: Es brodelt unter der Oberfläche weiter 177
- 2.2.4 Vom Urgenzschreiben 1936 bis zum »Anschluss« 1938: Vorbereitungen zum Massenaustritt 179
- 2.3 Kirchenaustritt aus politischer Opposition zum Ständestaat 181
- 2.4 Zur Rolle der Pfarrers und der katholischen Kirche als Institution 187
- 2.5 Zur Rolle der evangelischen Kirche 197
- 2.6 Die Nazi-Bewegung aus dem Blickwinkel katholischer Geistlicher 204
- 2.7 Wiederverheiratungswillige und Alternativreligiöse 212
- 2.1 Hinführung 151
- 3 Zwischenresümee 216
- Kirche und Habitus im kulturellen Gedächtnis 223
- 1 Hinführung 223
- 2 Sieben Erinnerungstraditionen im kulturellen Gedächtnis Kärntens 225
- 2.1 Die Missionierung Kärntens im kulturellen Gedächtnis 225
- 2.2 Hemma von Gurk als Schlüsselfigur kirchlicher (Gedächtnis-) Geschichte in Kärnten 233
- 2.2.1 Zur Heiligsprechung einer »deutschen Heiligen« 235
- 2.2.2 Dolores Viesèrs Hemma von Gurk (1938): eine christliche »Gegengeschichte« in »unchristlichen« Zeiten 239
- 2.2.2.1 Die Kärntner Landesmutter und ihre Untertanen 243
- 2.2.2.2 Die Kärntner als die »besseren Deutschen« 246
- 2.2.2.3 Das Zusammenspiel von Natur und Mensch 247
- 2.2.2.4 Zur Rolle von Klerus und Kirche 249
- 2.2.2.5 Von Knappen und Putschisten 252
- 2.2.2.6 Wider die Kritiker der Heiligsprechung 255
- 2.2.2.7 Zur Rezeption von Dolores Viesèr und ihres Romans Hemma von Gurk 257
- 2.3 Die »Türkenkriege« im kulturellen Gedächtnis Kärntens 260
- 2.4 Gegenreformation und Geheimprotestantismus im kulturellen Gedächtnis 270
- 2.5 Die Franzosenzeit im kulturellen Gedächtnis Kärntens 282
- 2.6 Klerus und Abwehrkampf im kulturellen Gedächtnis Kärntens amBeispiel von Josef F. Perkonigs Tragödie Heimsuchung (1920) 302
- 2.7 Ständestaat und Nationalsozialismus im kulturellen GedächtnisKärntens am Beispiel von Switbert Lobisser 318
- 3 Sieben Dimensionen des Kärntner Habitus 336
- Zusammenfassung und Ausblick Kirche, Habitus und kulturelles Gedächtnis in Kärnten 344
- 1 Rückblick 344
- 2 Ausblick 348
- 3 Zusammenfassung 350
- Anhang 353
- 1 Abkürzungsverzeichnis 353