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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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38 Anatomie eines „lebenden Organismus“ alle Kräfte widmen können. Das Arbeitsvermögen übersteigt wertmäßig den bäu- erlichen Verbrauch. Die Schicksalskurve tendiert darum nach aufwärts. In diesem Abschnitt werden sowohl grundlegende Verbesserungen in Haus und Hof vorgenom- men als auch Teile von Schulden abgezahlt, die auf die Uebernahme des Betriebes zurückgehen. Eine Wendung bringt der zweite Zeitabschnitt der Bauerngeneration. Er erhält sein Gepräge durch einen steigenden Besitzerverbrauch, der aus der zunehmenden Kin- derzahl erklärlich wird. Zur Behinderung der Bäuerin, die der Betreuung der Klein- kinder immer mehr Zeit opfern muß, tritt die abnehmende Arbeitsfähigkeit der alten Bauersleute. Bei angestiegenem Verbrauch ist das Arbeitsvermögen im Dienste der Wirtschaft abgesunken. Das Einkommen deckt nicht mehr den Verbrauch und die Schicksalskurve verläuft nach abwärts. Bei vielen Kleinkindern und bei Krankheit erwachsener Personen kann sie die Bedrängnislinie nicht nur erreichen, sondern selbst unterschreiten. Unter schweren Substanzeinbußen umschließt dieser Abschnitt nicht selten den Keim für wirtschaftlichen Verfall. Der dritte Zeitabschnitt wird eingeleitet, wenn ein Teil der Kinder ins arbeitsfähige Alter tritt. Damit werden aus Verbrauchern auch Arbeiter. Die Harmonie zwischen Arbeitsvermögen und Verbrauch gibt der Wirtschaft neuen Auftrieb, der umso größer ist, je früher die Belastung des Hofes durch die Auszugsbauern aufhört. Mit der Höhe der Opfer in der abgelaufenen Periode steigt in dieser der Lohn, der in der Arbeits- kraft einer kinderreichen Familie zum Ausdruck kommt. Unter günstigen Verhältnis- sen übersteigt der Arbeitsertrag weitgehend den Verbrauch und kann zur Bildung von Reserven führen, die der späteren Abfindung der Miterben dienen. Im vierten und letzten Zeitabschnitt erfährt die Schicksalskurve wieder eine Sen- kung, weil einmal die Kräfte der Bauersleute schwinden, zum anderen ein Teil der Kinder den Hof verlässt, um sich zu verselbständigen. Diese Periode ist allerdings weniger gefahrvoll, weil ihr mit der Hofübergabe an den Anerben ein Ende gesetzt werden kann. Mit dem Eintritt des Jungbauern in seine Rechte findet die Schicksals- kurve ihren Abschluß und leitet auf eine neue Bauerngeneration über [Hervorhebun- gen im Original].“14 Für dieses Allgemeingültigkeit beanspruchende Kreislaufmodell stand eine be- sondere, besitzklassenmäßig und regional begrenzte Ausprägung bäuerlicher Be- triebs- und Haushaltsführung Pate : der mittelbäuerliche Hof im Anerbengebiet, das in der Zwischenkriegszeit in großen Teilen Österreichs, mit Ausnahme des westlichen Tirols und Vorarlbergs sowie des östlichen Niederösterreichs und des Burgenlandes, vorherrschte.15 Damit entpuppt sich der agrarökonomische Entwurf Löhrs als Konstrukt, das sich am „Erbhof“ als dem Leitbild der nationalsozialisti- schen Bauerntumsideologie orientierte.16 Gleichwohl erfasste er, in Anlehnung an
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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