Seite - 71 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Bild der Seite - 71 -
Text der Seite - 71 -
71Höfe
im Fokus der Buchführung
ausgeklammert.96 Die entsprechende Karte Produktionsgebiete der Landesbauern-
schaft Donauland 1940 (Abbildung 2.8, Anhang) zeigt, trotz weitgehender De-
ckung, gegenüber der agrarräumlichen Gliederung Niederösterreichs durch die
Buchführungsstatistik 1937 einige Abweichungen, vor allem die Unterteilung der
früheren Produktionsgebiete Flach- und Hügelland sowie Alpenvorland.
Die agrarräumliche Gliederung der Landesbauernschaft Donauland wurde
ohne Rücksicht auf die inneren Verwaltungsgrenzen festgelegt ; daher beziehen
sich die Kennzahlen der sich über mehrere Reichsgaue erstreckenden Produktions-
gebiete D, F und G nicht nur auf das Untersuchungsgebiet dieser Studie. Um die
Hofkartenstatistik zu den niederösterreichischen Buchführungsergebnissen 1937
und zur Betriebszählung 1939 für Niederdonau in Beziehung setzen zu können,
benötigen wir Kennzahlen der Produktionsgebiete nach den Gaugrenzen. Die
Reichsnährstands-Statistiker liefern das dafür nötige Material : die Kennzahlen der
insgesamt 109 Sprengel, die sich aus der Überschneidung von Produktionsgebiets-
und Kreisgrenzen ergeben. Aus den fünf Sprengeln Wiens und den 69 Sprengeln
Niederdonaus lassen sich die Produktionsgebiete entsprechend der Gaugrenzen
neu zusammensetzen ; die entsprechenden Kennzahlen ermöglichen einen Agrar-
system-Vergleich (Abbildung 2.9, Anhang). Während die Durchschnittsbetriebe
der Produktionsgebiete mit jenen der Großregionen auf Basis der Betriebszählung
1939 kaum vergleichbar sind, scheint ein Vergleich mit den Buchführungs-Be-
triebstypen 1937 möglich. In der absoluten Ausstattung mit landwirtschaftlichen
Ressourcen treten die Unterschiede hervor, wobei sich die Angaben über den Ma-
schinenwert einem Vergleich entziehen ;97 darin kommt die Verzerrung der Buch-
führungsstatistik in Richtung größerer Betriebe zum Ausdruck. Hingegen zeigen
die relativen Größen von Bodennutzung, Viehstand und Arbeitskräftebesatz in-
nerhalb der jeweiligen Produktionsgebiete viele Ähnlichkeiten.
In den Produktionsgebieten im Osten Niederdonaus einschließlich Wiens, vor
allem im Pannonischen Hügelland (B) und in den Weinbaugebieten (C), herrschten
zahlenmäßig die Kleinbetriebe vor ; dazwischen erstreckten sich, vor allem im Pan-
nonischen Flachland (A), Groß- und Gutsbetriebe in Privat- und Kirchenbesitz.
Im nördlichen Burgenland waren gegen Ende des 19. Jahrhunderts riesige Mei-
erhofkomplexe entstanden, die intensive Acker- und Viehwirtschaft betrieben.98
Aufgrund der geringen Waldbestände vergrößerte sich die landwirtschaftliche
Nutzfläche im Pannonischen Flach- und Hügelland auf rund neun Zehntel der
Kulturfläche. Davon wurde der Großteil als Ackerland genutzt ; nur in den Wein-
baugebieten war der Anteil des Ackerlandes etwas geringer. Die durch Boden, Klima
und Relief begünstigten Produktionsbedingungen hoben die Nutzungsintensität
der Gründe, vor allem in den Weinbaugebieten, an die Spitze aller Produktions-
gebiete.99 Hingegen bildete das Flach- und Hügelland hinsichtlich der Intensität
Schlachtfelder
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Schlachtfelder
- Untertitel
- Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
- Autor
- Ernst Langthaler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20065-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 948
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- 1. Akteure in Agrarsystemen 11
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
- 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
- Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
- 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
- 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
- 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
- 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
- 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
- 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
- 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
- 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
- 2.9 Zusammenfassung 149
- 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
- Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
- 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
- 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
- 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
- 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
- 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
- 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
- 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
- 3.8 Zusammenfassung 253
- 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
- Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
- 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
- Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
- 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
- Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
- 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
- Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
- 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
- Anmerkungen 755
- Tabellenanhang 824
- Farbabbildungsanhang 849
- Quellen- und Literaturverzeichnis 865
- Abkürzungsverzeichnis 918
- Tabellenverzeichnis 920
- Abbildungsverzeichnis 927
- Personenregister 933
- Ortsregister 934
- Sachregister 937