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90 Anatomie eines „lebenden Organismus“
tar Nutzfläche in einer 0,2 Hektar großen Hackfruchtwirtschaft in Loimanns in
der Region Litschau, von Null bis 5,1 GVE pro Hektar Nutzfläche in einer 1,1
Hektar großen Ackerwirtschaft in Großradischen in der Region Litschau, von
Null bis 3.625 Reichsmark pro Hektar Nutzfläche in einer 7,2 Hektar großen Fut-
terwirtschaft in Pöllendorf in der Region Mank. Die Mittel- und Streuungswerte
aller 1.552 Betriebe betragen 0,79 (± 0,84) für die Arbeitsintensität, 0,84 (± 0,50)
für die Viehintensität und 64 (± 169) für die Maschinenintensität. Die enormen
Streuungen werden in weiterer Folge als Maßstab der Abgrenzung zwischen „ex-
tensiv“, „durchschnittlich“ und „intensiv“ verwendet.136 Auf diese Weise erstelle
ich für jeden Betrieb ein Intensitätsprofil mit der Angabe, ob die Arbeits-, Vieh-
und Maschinenintensität unter, im oder über dem Durchschnitt liegt. Nun können
wir auch die Kluft zwischen dem Intensitätsideal des Reichsnährstandes und den
auf den Höfen realisierten Intensitäten erahnen : Nur 42 Betriebe oder 3 Prozent
entsprachen dem Profil von extensivem Arbeits- sowie intensivem Vieh- und Ka-
pitaleinsatz (<
>
>). Von den 27 möglichen Varianten war jedes Profil durch zumin-
dest einen Fall vertreten. Die am häufigsten vorkommenden Betriebsprofile zeigten
unterdurchschnittliche Arbeits- sowie durchschnittliche Vieh- und Maschinenin-
tensität (<
=
=) in 182 Fällen oder 12 Prozent, überdurchschnittliche Arbeits- sowie
unterdurchschnittliche Vieh- und Maschinenintensität (> < <) in 145 Fällen oder
9 Prozent, überdurchschnittliche Arbeits- und Vieh- sowie unterdurchschnittli-
che Maschinenintensität (> > <) in 142 Fällen oder 9 Prozent, durchschnittliche
Arbeits-, überdurchschnittliche Vieh- und unterdurchschnittliche Maschinenin-
tensität (= > <) in 118 Fällen oder 8 Prozent und durchschnittliche Arbeits- sowie
unterdurchschnittliche Vieh- und Maschinenintensität (= < <) in 103 Fällen oder
7 Prozent (Abbildung 2.16).
Die Intensitätsprofile waren in die betrieblichen Agrarsysteme eingebettet.
Betrachten wir daher die regionalen Verteilungen nach Größenklassen und Be-
triebstypen (Tabelle 2.9), beginnend mit der Region Matzen. Das Idealprofil des
Reichsnährstandes (< > >) lag fernab der Matzener Realität ; es kam schlicht nicht
vor. Das häufigste Profil, intensiver Arbeits- sowie extensiver Vieh- und Maschi-
neneinsatz (> < <) in 94 Fällen oder 20 Prozent, beschränkte sich auf die Betriebe
unter fünf Hektar, vor allem auf die Zwergbetriebe unter einem Hektar ; Wein-
bau- und Hackfruchtwirtschaften waren dafür kennzeichnend. In ähnlicher Weise
zwerg- und kleinbetrieblich war das vieh- und maschinenextensive Profil (= < <)
in 69 Fällen oder 14 Prozent ausgerichtet ; hier traten die Getreide-Weinbauwirt-
schaften hervor. Dagegen hatten das Profil mit extensivem Arbeits- und Vieh-
sowie intensivem Maschineneinsatz (< < >) in 69 Fällen oder 14 Prozent und das
ähnlich gelagerte arbeits- und viehextensive Profil (< < =) in 38 Fällen oder 8 Pro-
zent ihre Schwerpunkte in den kleineren und größeren Mittelbetrieben zwischen
Schlachtfelder
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Schlachtfelder
- Untertitel
- Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
- Autor
- Ernst Langthaler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20065-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 948
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- 1. Akteure in Agrarsystemen 11
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
- 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
- Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
- 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
- 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
- 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
- 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
- 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
- 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
- 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
- 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
- 2.9 Zusammenfassung 149
- 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
- Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
- 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
- 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
- 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
- 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
- 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
- 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
- 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
- 3.8 Zusammenfassung 253
- 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
- Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
- 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
- Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
- 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
- Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
- 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
- Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
- 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
- Anmerkungen 755
- Tabellenanhang 824
- Farbabbildungsanhang 849
- Quellen- und Literaturverzeichnis 865
- Abkürzungsverzeichnis 918
- Tabellenverzeichnis 920
- Abbildungsverzeichnis 927
- Personenregister 933
- Ortsregister 934
- Sachregister 937