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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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145Durchleuchtete Höfe Alltagspraxis : die enge Verflechtung von bäuerlichem Haushalt und Betrieb.269 Gesamt gesehen, hing bäuerliche Mustergültigkeit in den Augen der Sachbear- beiter nicht allein von betriebswirtschaftlichen Maßstäben ab ; zudem wurden die Hofbesitzer/-innen an der amtlichen Norm gemessen. Mithin erscheinen die re- gelmäßigen Genehmigungen und ausnahmsweisen Ablehnungen der bäuerlichen Entschuldungsanträge, die über den Einsatz öffentlicher Mittel entschieden, als eine Art ‚angewandter Moralökonomie‘ im staatlichen Auftrag. Der Stil des vorbildlichen Bauern zeichnete sich durch mehrere Systemmerkmale aus. Die entsprechenden Betriebe häuften sich in den Regionen Litschau und Mat- zen ; das hing offenbar mit regional konzentrierten Betriebstypen  – Hackfruchtwirt- schaften einerseits, Getreide- und Hackfrucht-Weinbauwirtschaften andererseits  – zusammen. Weiters deutet der Akzent auf Betriebsgrößen zwischen zehn und 50 Hektar auf ein mittel- bis großbäuerliches Gepräge hin. Damit sind zwei Merkmale, die den Vorbildcharakter der Betriebsinhaber/-innen vermutlich begünstigten, be- nannt : große und intensiv genutzte Flächen. Entsprechend der offiziellen Definition von „Intensität“ lagen, verglichen mit anderen Betrieben, die Arbeitsintensitäten niedrig und die Maschinenintensitäten hoch. Was jedoch der offiziellen Intensi- tätsnorm widersprach, war das Vorherrschen unterdurchschnittlicher Viehintensi- täten. Die GVE pro Hektar müssen jedoch in Relation zur überdurchschnittlich großen Nutzfläche gesetzt werden ; absolut betrachtet, lagen die Viehstände der vorbildlichen Bauern deutlich über dem Durchschnitt aller Entschuldungsbetriebe. Entsprechend der arbeitsaufwendigen Boden- und Viehnutzung zeichnete sich das Arbeitszeitprofil durch hohe Anteile familienfremder Arbeitskräfte, sowohl Ge- sinde als auch Taglöhner/-innen, aus. Außerlandwirtschaftliches Einkommen hatte in den überwiegend im Vollerwerb geführten Betrieben wenig Gewicht. Hinsicht- lich des Geschlechts des vorbildlichen Bauern fällt auf, dass Frauen extrem selten als alleinige Betriebsleiterinnen aufschienen ; der vorbildliche Bauer trug  – nicht nur im Expertendiskurs, sondern auch in der Alltagspraxis  – männliche Züge. Zu diesen Mustertrieben zählte die Getreide-Weinbauwirtschaft von Anton und Maria Sutter in Dörfles, AGB Matzen. Einschließlich 4,6 Hektar Zupacht be- wirtschaftete das Ehepaar 30,7 Hektar Kulturfläche, die sich in 29,5 Hektar Acker, 0,6 Hektar Weingarten, 0,6 Hektar Wiese und Hutweide und 0,1 Hektar Garten verteilten. Fast zwei Drittel der Ackerfläche nahm das Getreide  – hauptsächlich Roggen, dann Gerste und Hafer, schließlich etwas Weizen und Körnermais  – ein ; knapp ein Viertel war den Hackfrüchten, großteils Zuckerrüben, gewidmet ; der Rest entfiel auf Feldfutter und etwas Ölfrüchte. Neben dem Besitzerpaar arbei- teten zwei Gesindekräfte auf dem Hof ; dazu kamen tage- und saisonweise Be- schäftigte im jährlichen Ausmaß von 700 Arbeitstagen. Das Arbeitszeitprofil zeigte einen unterdurchschnittlichen Familienanteil sowie überdurchschnittliche
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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