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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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150 Anatomie eines „lebenden Organismus“ schied regionale Produktionsgebiete. Jede dieser Perspektiven offenbart die enorme Vielfalt der Agrarsysteme im niederösterreichischen Raum : von den Hackfrucht- Weinbauwirtschaften des Flach- und Hügellandes bis zu den Grünland-Wald- wirtschaften der Voralpen. Diese Agrarsysteme zeichneten sich durch je eigene Zusammenhänge der einzelnen Elemente aus. So etwa legt etwa das Ökotypen- Modell das Augenmerk auf Arrangements von Betriebszweig, Arbeitsorganisation und Haushaltsform. Das Familienwirtschafts-Modell stellt die Abhängigkeit der Betriebsführung von den Versorgungsbedürfnissen des Familienhaushalts in den Mittelpunkt. Keines dieser in der Forschung bewährten Modelle vermag die Ag- rarsysteme auf dem Gebiet Niederdonaus in ihrer Gesamtheit für sich allein zu fas- sen ; doch als Teilperspektiven ergänzen sie einander bis zu einem gewissen Grad. Betriebszählungs-, Buchführungs- und Hofkartenstatistik haben, trotz unter- schiedlicher Perspektiven, eines gemein : Sie entwerfen ‚die Landwirtschaft‘ nach amtlich festgesetzten Kategorien auf aggregierter Ebene ; auf diese Weise verein- fachen sie ihren Gegenstand, um ihn besser regulieren zu können. Demgegen- über erlauben disaggregierte Daten eine komplexere Bestimmung betrieblicher Agrarsysteme nach alltagsnäheren Kategorien ; dabei wird ein vielfältiges Merk- malsbündel (Land- und Viehnutzung, Betriebs- und Haushaltsangehörige, Ma- schinenausstattung usw.) zugrunde gelegt. Auf Basis der Hofkarten-Daten für die Regionen Litschau, Mank und Matzen aus unterschiedlichen Produktionsgebieten Niederdonaus lassen sich zehn (unter-)bäuerliche Agrarsysteme unterscheiden : Zuckerrübenbauern, Maschinenmänner, Mischwirtschafter, Ochsenbauern, Gewerbe- bauern, Arbeiterbauernfamilien, Nebenerwerbsbauernfamilien, Weinhauerfamilien, Kleinbauernfamilien und Ackerbäuerinnen. Die wesentlichen Unterscheidungsmo- mente der (unter-)bäuerlichen Agrarsysteme sind das Intensitäts- und Größen- profil einerseits, der Produktionsschwerpunkt andererseits. Im Kreis Gän sern dorf heben sich vier gutsbetriebliche Agrarsysteme voneinander ab : Gesinde-Maschi- nengüter, Taglöhner-Maschinengüter und Getreide-Milchviehgüter und Marktfrucht- Milchviehgüter. Die wesentlichen Unterscheidungsmomente der gutsbetrieblichen Agrarsysteme sind das Intensitäts- und Größenprofil einerseits, das Arbeitskräf- tearrangement andererseits. Die Besichtigungsprotokolle, die im Zuge der Ent- schuldungs- und Aufbauaktion erstellt wurden, lassen  – durch die Brille des amt- lichen Blickes  – (unter-)bäuerliche Wirtschaftsstile erkennen. Für die Regionen Kirchberg an der Pielach, Litschau, Mank und Matzen werden die Stile des zähen, fehlgeleiteten, vorbildlichen, arbeitsamen und fleißigen Bauern fassbar. Die im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung nachgezeichneten Agrarsysteme und damit korrespondierenden Landwirtschaftsstile schaffen die Grundlage für die weiteren Kapitel dieses Buches, die zwischen Alltagswelt und NS-System aufgespannte Fel- der des ländlichen Wirtschaftens 1938 bis 1945 vermessen.
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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