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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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167Regulative der Ent- und Verwurzelung Erbhof“ („große Abmeierung“) beschließen.87 Vor diesem Hintergrund erscheint die Erbhofgerichtsbarkeit als Machtdispositiv, in dem sich race, class und gender als „Achsen der Ungleichheit“ von Landbesitzrechten überschnitten.88 Bevor die Erbhofgerichtsbarkeit ihre Tätigkeit aufnehmen konnte, musste die Erbhöferolle, das rechtskräftige Verzeichnis der Erbhöfe, angelegt werden.89 Das Anlegungsverfahren sollte in folgender Weise ablaufen : Die Gemeinden erstel- len von August bis Oktober 1938 ein Verzeichnis der auf ihrem Gebiet liegenden Höfe zwischen einer „Ackernahrung“ und 125 Hektar Grundbesitz. Die Agrar- bezirksbehörde begutachtet und übermittelt diese Liste bis Dezember 1938 dem AEG. Der Vorsitzende des AEG leitet das Gemeindeverzeichnis an den Reichs- nährstand weiter und erstellt das gerichtliche Verzeichnis der Erbhöfe, gegen das die Hofeigentümer/-innen oder der Kreisbauernführer Einspruch erheben können. Die Höfe, deren Aufnahme nicht beeinsprucht oder für die der Einspruch abge- wiesen worden ist, werden in die Erbhöferolle eingetragen.90 Durch den überbor- denden Arbeitsaufwand und die knappen Fristen des Anlegungsverfahrens stie- ßen die damit befassten Behörden, vor allem die Agrarbezirksbehörde, rasch an ihre Grenzen. So schlug die Agrarbezirksbehörde Niederdonau im November und Dezember 1938 Alarm : Die erforderlichen Drucksorten seien viel zu spät an die Gemeinden gelangt und ignorierten die Verhältnisse in der Ostmark, etwa die ag- rargemeinschaftlichen Anteilsrechte, die vielfach über 125 Hektar hinausreichende Größe der Bergbauernhöfe oder die im Jahresverlauf wechselnden Hofstellen der Alpwirtschaft ; die von den Gemeinden vorgelegten Verzeichnisse seien teils noch ausständig, teils aufgrund von Fehlangaben  – etwa der Erklärung von Pfarrkirchen zu Erbhöfen  – „völlig unbrauchbar“ ; die Überprüfung der eingelangten Gemein- deverzeichnisse sei wegen der Zersplitterung der behördlichen Zuständigkeiten auf Bezirksgerichte, Finanz- und Vermessungsämter in der kurzen Zeitspanne ausgeschlossen. Im Sinn der Rechtfertigung der eigenen Tätigkeit sowie der In- fragestellung der Tätigkeit anderer, in die eigenen Kompetenzen eingreifender Be- hörden bedauerte die Agrarbezirksbehörde, „von keiner Stelle vorher gehört worden zu sein, da sie vollkommen davon überzeugt ist, daß so manche auf Unkenntnis der speziellen Verhältnisse in der Ostmark fußenden Irrtümer auf Grund der ihr zur Ver- fügung stehenden langjährigen praktischen Erfahrung rechtzeitig hätten beseitigt wer- den können [Hervorhebung im Original]“ ; zudem forderte sie zur Bewältigung des durch GVB und REG überbordenden Arbeitsanfalls 20 zusätzliche Kräfte mit entsprechender Ausbildung.91 Die Übertragung des bodenrechtlichen Regelwerks vom „Altreich“ auf das „Land Österreich“ führte nicht nur innerhalb des Behördenapparats, sondern auch im Hinblick auf die Hofeigentümer/-innen zu erheblichen Reibungsverlusten. Ernst Spatschil, Abteilungsleiter der Landesbauernschaft Donauland, widmete
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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