Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Seite - 181 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 181 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Bild der Seite - 181 -

Bild der Seite - 181 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Text der Seite - 181 -

181Das Doppelgesicht der Bodenordnung richten von diesem agrarpolitischen Vorhaben auch in Feldpostbriefen hinaus  – und kamen in Gestalt empörter Briefe der zuständigen Betreuungsoffiziere wieder in die Heimat zurück und so auch auf meinen Schreibtisch. Der Schluß aller dieser Berichte war, daß man es nicht verantworten könne, vom Soldaten zu verlangen, daß er an der Front seinen Schädel hinhalte, wenn inzwischen in der Heimat dergestalt über ihn und seine Familie verfügt würde  – ohne daß er auch nur gefragt würde. Nach meiner Berichterstattung über den ganzen Vorgang war die Reaktion Jurys so eindeutig wie nur denkbar. Die Aktion wurde in Niederdonau eingestellt.“138 Gegenüber dieser Schilderung ist einiges Misstrauen angebracht : Der Autor neigt dazu, seinen Einfluss auf den Reichsstatthalter und NSDAP-Gauleiter und dessen Einfluss auf die zentralen Planungen zur „ländlichen Neuordnung“ zu überschät- zen. Gegen die behauptete Einstellung der Aktion spricht die Tatsache, dass die Planungsarbeiten in Niederdonau bis 1944 zu Ende geführt wurden ; und deren Umsetzung im großen Maßstab war weniger am Widerstand Hugo Jurys als an den inneren und äußeren Widersprüchen des Projekts  – vor allem am mangelnden „Siedlungswillen“ der Betroffenen  – gescheitert. Glaubhaft scheint hingegen die Skepsis, mit der die regionalen Amtsträger der geplanten Aussiedlung von „Neu- bauern“ aus den kleinbäuerlich geprägten Gebieten Niederdonaus begegneten ; ähnliche Widerstände oder Versuche, die Planungen an regionale Leitbilder anzu- passen, sind auch aus anderen Reichsgauen bekannt.139 Jedoch scheint die Skepsis der regionalen Herrschaftsträger in Niederdonau nicht grundsätzlicher, sondern pragmatischer Art  – im Hinblick auf die Erhaltung der Loyalität der Bevölkerung gegenüber dem NS-Regime  – gewesen zu sein. In diesem Sinn äußerte sich Landesbauernführer Anton Reinthaller im Mai 1942 : „Auf die Frage, wieweit die in der Bevölkerung vorhandenen Gerüchte eine gewisse Berechtigung haben, dass nämlich der deutsche Landwirt in Zukunft in den Osten umgesiedelt werden soll, meine Reinthaller : Dieses Problem schneidet er in den ver- schiedenen Bauernversammlungen immer wieder an und hat damit bei den Zuhörern bisher noch keinerlei Unruhe feststellen können, sondern im Allgemeinen Zustim- mung geerntet, allerdings immer unter der Bedingung, dass ein geschlossener Einsatz stattfinde. Man denkt sich die Lösung dieser Frage derart, dass z. B. der Gau Oberdo- nau später als Patronatsgebiet einmal das Protektorat bekommen werde und in diesem Gebiet nur Landwirte aus Oberdonau, und hier auch nach Gemeinden zusammenge- fasst, angesiedelt werden sollen.“140 Die grundsätzliche Zustimmung zur agrarischen „Großraumplanung“, von der in diesem Gesprächsprotokoll die Rede war, lässt sich auch in anderen Fällen fest-
zurück zum  Buch Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945"
Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Schlachtfelder