Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Seite - 194 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 194 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Bild der Seite - 194 -

Bild der Seite - 194 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Text der Seite - 194 -

194 „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe den Kaufvertrag der Oberen Siedlungsbehörde zur Genehmigung vorzulegen“ ; im Weigerungsfall wurde gedroht, die Veräußerung über einen Treuhänder ab- zuwickeln.171 Wenige Tage später erklärte eine in Wien wohnende ehemalige Mitarbeiterin der Brüder Glaser in deren Namen die Zustimmung zum Verkauf ; zudem sei bereits ein Käufer in der Person von Leopold Hutter, Gutsbesitzer in Markgrafneusiedl, in Aussicht.172 Etwa zur selben Zeit intervenierte das Luft- gaukommando XVII bei der Oberen Siedlungsbehörde für Leopold Winner, der ein Jahr zuvor etwa 70 Hektar Land für die Errichtung eines Flugplatzes verkauft hatte. Die DAG sei bereit, auf ihr Vorkaufsrecht zugunsten der Grundaufstockung für den Gutsbesitzer zu verzichten.173 Kurz darauf übermittelte der Kaufwerber einen Kaufvertrag zur Genehmigung, der eine Kaufsumme von 80.000 Reichs- mark vorsah.174 Diese Kalkulation entsprach der Gutsbeschreibung der DAG, die den Wert der „sehr mangelhaft[en]“ Gründe auf 78.000 bis 93.000 Reichsmark bezifferte.175 Im Zuge einer Verhandlung im Oktober 1939 berieten Vertreter der Oberen Siedlungsbehörde, des Reichsnährstandes und der DAG über den Fall. Der Kauf- werber wurde zwiespältig beurteilt : Zwar sei er „tüchtig“, jedoch in politischer Hinsicht „nicht sehr günstig“  – wenn auch „nicht als politisch unzuverlässig“  – zu bewerten. Aufgrund der schlechten Bodengüte und der großen Entfernung von der Ortssiedlung sei der Grund weder für Neusiedlungs- noch für Anliegersiedlungs- zwecke geeignet. Damit schienen die Weichen für die Genehmigung des Kauf- vertrags gestellt ; doch dann tauchte ein weiteres Hindernis auf : Der Kaufpreis von 516 Reichsmark pro Hektar entspreche nicht dem angemessenen Wert von 700 Reichsmark pro Hektar ; hingegen betrage der Siedlungsverkehrswert nur 223 Reichsmark pro Hektar (Tabelle 3.5). Daher wurde die Zustimmung von zwei Auflagen abhängig gemacht : Die Verkäufer sollten den Differenzbetrag zwischen dem Kaufpreis und dem Siedlungsverkehrswert, der Käufer jenen zwischen dem Kaufpreis und dem angemessenen Wert an das Deutsche Reich abliefern.176 Im Mai 1940 genehmigte der Reichsstatthalter in Niederdonau, Obere Siedlungsbe- hörde, den Vertrag mit der Auflage, dass Leopold Hutter eine Ausgleichsumlage von 29.550 Reichsmark an das Deutsche Reich zu leisten habe. Für die grundbü- cherliche Sicherstellung fehlte noch die Unterschrift des mittlerweile über Groß- britannien in die Vereinigten Staaten von Amerika ausgewanderten Alfred Glaser ; dieses Hindernis wurde durch die Bestellung von dessen ehemaliger Angestellter zur Abwesenheitskuratorin aus dem Weg geräumt.177 Nach dem Grundbuchsein- trag178 und der Überweisung des Kaufpreises auf die Sperrkonten der Verkäufer179 konnten die Behörden den Fall ad acta legen.
zurück zum  Buch Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945"
Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Schlachtfelder