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244 „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe
Auch St. Leonhard am Forst, einschließlich der Gemeindeteile Grimmegg, Pöllen-
dorf und Ritzengrub, verzeichnete erhebliche Landtransfers – vor allem 1941/42,
als die Maschinenmänner (–21,1 Hektar) einen massiven Rückgang an Kulturflä-
che verzeichneten. Zudem wurden in diesem Jahr in fast allen Betriebsgruppen
Kulturflächen zwischen Schrumpfungs- und Wachstumsbetrieben umverteilt. Die
Dynamik der Landtransfers verringerte sich in St. Leonhard am Forst im Folgejahr
erheblich, stieg aber 1943/44 wieder auf die Ein-Prozent-Marke. Abermals gaben
die Maschinenmänner (+6,4 Hektar), die sich bereits seit 1942/43 in schrumpfende
und wachsende Betriebe schieden, den Ausschlag dafür ; unter dem Strich machten
sie die Flächenverluste der vergangenen Jahre zum Teil wieder wett. Alles in allem
drifteten in der Region Mank gleichartige Betriebe mit zu- und abnehmender Flä-
chenausstattung hinsichtlich der Größe auseinander – eine Polarisierung, die an
den zahlen- und flächenmäßig gewichtigen Maschinenmännern am deutlichsten zu
Tage tritt.
Wie in anderen Bereichen hob sich die Region Matzen auch hinsichtlich des
„Grundstücksverkehrs“ von den übrigen beiden Regionen deutlich ab. Mit Aus-
nahme von Weikendorf 1942/43 überstieg der Anteil der abgegebenen Kulturflä-
che regelmäßig die Ein-Prozent-Marke ; der Spitzenwert lag bei über 5 Prozent.
In Auersthal wurde Land in mehrfacher Weise umverteilt : einerseits innerhalb der
Gruppen gleichartiger Höfe, vor allem unter den Ackerbäuerinnen und Zuckerrü-
benbauern 1941/42, andererseits zwischen den Kleineren, vor allem den Kleinbau-
ernfamilien, und den Größeren, den Zuckerrübenbauern : Nach dem gemeinsamen
Flächenrückgang 1941/42 profitierten 1942/43 und 1943/44 die Zuckerrübenbau-
ern (+11,8 Hektar) durchwegs von den Verlusten der Kleinbauernfamilien (–16,7
Hektar). Die Ackerbäuerinnen (–4,8 bzw. +7,3 Hektar) wechselten in dieser Zeit
von der Verlierer- zur Gewinnerseite. Ähnliche Entwicklungen zeichneten sich
im benachbarten Raggendorf ab : Die Zuckerrübenbauern spalteten sich zwar in
Gewinner und Verlierer, verzeichneten aber gesamt gesehen vor allem 1941/42
und 1942/43 erhebliche Zugewinne (+6,8 Hektar). Die Kleinbauernfamilien traten
in den ersten beiden Jahren Land ab (–5,9 Hektar), stabilisierten sich aber im
letzten Jahr wieder. Weniger einheitlich verlief die Flächenentwicklung bei den
Ackerbäuerinnen, die von der Gewinner- zur Verliererseite wechselten, und den
Weinhauerfamilien, die den umgekehrten Weg nahmen. Zählten die Zuckerrüben-
bauern in den ersten beiden Gemeinden zu den Gewinnern, so fanden sie sich
in Weikendorf, nach anfänglich leichten Zunahmen, schließlich 1943/44 auf der
Verliererseite (–18,3 Hektar). Durchwegs Verluste verzeichneten die hier häufi-
gen Nebenerwerbsbauernfamilien (–9,3 Hektar). Die Gewinner dieser Landtrans-
fers waren in den letzten beiden Jahren die Maschinenmänner (+14,8 Hektar), die
1943/44 den Größenabstand zu den schrumpfenden Zuckerrübenbauern verringern
Schlachtfelder
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Schlachtfelder
- Untertitel
- Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
- Autor
- Ernst Langthaler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20065-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 948
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- 1. Akteure in Agrarsystemen 11
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
- 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
- Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
- 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
- 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
- 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
- 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
- 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
- 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
- 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
- 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
- 2.9 Zusammenfassung 149
- 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
- Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
- 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
- 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
- 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
- 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
- 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
- 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
- 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
- 3.8 Zusammenfassung 253
- 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
- Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
- 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
- Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
- 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
- Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
- 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
- Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
- 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
- Anmerkungen 755
- Tabellenanhang 824
- Farbabbildungsanhang 849
- Quellen- und Literaturverzeichnis 865
- Abkürzungsverzeichnis 918
- Tabellenverzeichnis 920
- Abbildungsverzeichnis 927
- Personenregister 933
- Ortsregister 934
- Sachregister 937