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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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256 „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe Antragsteller/-innen vor dem AEG. Auf diese Weise suchten sie sich das boden- politische Regelwerk auf ihre Weise anzueignen, um Grundbesitzansprüche  – etwa im Zuge ehelicher, familiärer oder verwandtschaftlicher Konflikte  – durchzusetzen. Der Gerichtssaal wurde zur öffentlichen Vorderbühne eines Dramas, dessen Ge- schehen die halböffentliche und private Hinterbühne von Hof, Nachbarschaft und Dorf in erheblichem Maß bestimmte. Neben den eigentlichen Rechtssachen bilde- ten vor allem die Geschlechterrollen der vor Gericht Auftretenden einen Verhand- lungsgegenstand zwischen Angehörigen ländlicher Milieus, regionalen Amtsträ- gern und akademisch geschulten Juristen. So trat neben die von der staatlichen Zentralgewalt ausgehende Macht die „Mikrophysik der Macht“  – jene dezentrale Macht, welche die Akteure im alltäglichen Ringen um Landressourcen aufeinan- der ausübten. Wenn sich im Feld des ländlichen Grundbesitzes auch der Akzent von den Markt- zu den Staatsmechanismen verlagerte, konnte von einer Einzementie- rung des „Grundstückverkehrs“ keine Rede sein. Gesamt gesehen bewirkte der wachsende Bedarf an Land für Militär- und Bauzwecke eine Abnahme der land- und forstwirtschaftlichen Nutzfläche. Aber auch zwischen den einzelnen Höfen herrschte regionen- und zeitweise ein erheblicher Austausch an Landressourcen. So zeigten die kleinbäuerlich geprägten Regionen Litschau und Matzen 1941/42 und 1942/43 einen lebhaften Transfer an Kulturflächen. Dessen ungeachtet fand die „Verbäuerlichung“ des Gutsbesitzes nur ansatzweise statt. Die Zu- und Abnah- men der (unter-)bäuerlichen Kulturfläche beruhten teils auf der Herausnahme von Flächen aus der Bewirtschaftung, zum anderen Teil auf Transfers wie Kauf, Pacht, Tausch und so fort. Der von lokalen und regionalen Pfadabhängigkeiten bestimmte Parzellentransfer führte teils zur Befestigung der Landbesitzverteilung, teils wurde Boden von ‚unten‘ nach ‚oben‘ umverteilt. Gesamt gesehen wies die Grundtendenz in Richtung gleichbleibender Kulturflächen bei abnehmender Intensität der Land- nutzung. Hingegen folgten die betrieblichen Agrarsysteme eigenständigen Stilen des Umgangs mit Grund und Boden, die unterschiedliche Maße an Resilienz und Vulnerabilität signalisieren : Auf- und Abwirtschaften, Umkrempeln und Weiterma- chen. Trotz forcierter Redistribution von Landbesitzrechten vermochte die natio- nalsozialistische Bodenordnung davon abweichende Transfers marktmäßiger oder reziproker Art nicht auszuschalten.
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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