Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Seite - 262 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 262 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Bild der Seite - 262 -

Bild der Seite - 262 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Text der Seite - 262 -

262 „Menschenökonomie“ unter Zwang einem angesehenen Fachblatt, veröffentlicht. Trotz der Förderungsmaßnahmen seit dem „Anschluss“ „[…] gibt es auf dem Gebiete der Landwirtschaft noch vieles zu ändern, und vor allem müssen noch schwerste Probleme einer Lösung zugeführt werden. Dazu gehört ins- besondere das Problem der Arbeitsüberbürdung des Bauern als Folge einer geradezu katastrophalen Landflucht [Hervorhebung im Original]. Das natürliche Gefälle vom Land zur Stadt ist derzeit zu einem gigantischen Sturzbach geworden und gefährdet den Bestand unseres Bauerntums.“33 Als Ursache der „Landflucht“ diagnostizierte Reinthaller die „Unterbewertung der Landwirtschaft“  – die Tatsache, „daß der Bauer seinen Mitarbeitern den gerechten Lohn nicht zu geben imstande ist, geschweige denn sich selbst und seine Fami- lie so versorgen kann, wie es heute jeder deutsche Volksgenosse in allen anderen Ständen für selbstverständlich empfindet“. 34 Die „Unterbewertung der Landwirt- schaft“ resultiere aus der sich öffnenden „Preisschere“ : zum einen aus den erhöhten Aufwendungen für Landarbeiterlöhne  – die im Schnitt um ein Drittel gestiegen waren, aber dennoch den Industrielöhnen nachhinkten  – und sonstige Betriebs- ausgaben, zum anderen aus den stagnierenden Erträgen aufgrund des verordneten Preisstopps. Als Therapie forderte er  – trotz der notwendigen Opfer des Bauern für die Nation  – nichts weniger als einen nationalen Kraftakt für das „Bauerntum“ : „Der niedere Preis der landwirtschaftlichen Produkte, die geringen Löhne, Flächenbean- spruchungen für Wehrzwecke usw., das alles gehört in das Kapitel : ‚Opfer des Einzelnen zum Nutzen des Ganzen‘ und ist nötig, um die Sicherheit, den Bestand und die Fortent- wicklung des Reiches und Volkes zu gewährleisten. Der Nationalsozialismus hat aber er- kannt und diese Erkenntnis klar herausgestellt, daß das Bauerntum das kostbarste Gut des Volkes ist und daß sich die Landwirtschaft nicht so behandeln läßt wie an- dere Wirtschaftszweige. Hier geht es nicht um die Rationalisierung, sondern um die Erhaltung des Menschen ! Deshalb wird es ebenso vornehmste Pflicht sein, rechtzeitig eine Wende in der heutigen Entwicklung der Landwirtschaft herbeizuführen [Hervorhe- bungen im Original].“35 Dass Reinthaller die „Landflucht“ öffentlich dermaßen nachdrücklich themati- sierte, folgte unter anderem aus seiner Position als Landwirtschaftsminister im „Lande Österreich“ innerhalb des polykratischen Machtgefüges : Einerseits setzte er sich mit seinem Gefolge aus politischen Amtsträgern, wissenschaftlichen Ex- perten und publizistischen Wortführern seit dem „Anschluss“ als Schutzpatron der ostmärkischen Landwirtschaft in Szene.36 Andererseits war sein Abgang von
zurück zum  Buch Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945"
Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Schlachtfelder