Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Seite - 265 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 265 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Bild der Seite - 265 -

Bild der Seite - 265 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Text der Seite - 265 -

265Die Steuerung der „Landflucht“ schienen die Erhöhung der Erzeugerpreise, die Absenkung der Sozial- und Steu- erlasten sowie die Auszahlung eines Frachtkostenausgleichs notwendig. Danach folgten Maßnahmen, die der „Landflucht“ der familienfremden Arbeitskräfte ent- gegen steuerten : die Verbesserung der Wohn- und Wirtschaftsgebäude, der Ein- satz arbeitssparender Maschinen, die Ergänzung des Barlohnes durch einen De- putatanteil, die Verbesserung der Heirats- und Aufstiegschancen, die Zuweisung von Land, etwa aus dem „ehemals jüdischem Mittel- und Großbesitz“ im östlichen Niederdonau, an bestehende Klein- und zu schaffende Neubauernhöfe, den Einsatz nicht in der Landwirtschaft tätiger Inländer/-innen und, soweit notwendig, aus- ländischer Wanderarbeiter/-innen, die Regelung der Arbeitszeiten, fachliche und politische Schulungen. In den Glauben an die Steuerbarkeit der „Menschenöko- nomie“ mischte sich im Zeithorizont zur Jahresmitte 1939, am Vorabend des sich abzeichnenden Krieges, aber auch Skepsis ; denn die Realisierung der skizzierten Ideallösung des Landfluchtproblems sei nicht von heute auf morgen zu erwarten : „Der donauländische Bauer ist sich der überragenden Bedeutung seines Standes im Rahmen des Volksganzen wohl bewußt. Er ist auch bereit, die ihm zugedachten Auf- gaben nach besten Kräften zu erfüllen. Wenn er dabei heute auch noch schwere Opfer bringen muß, so beseelt ihn die Hoffnung, daß er mit seiner Familie nach erfolgter Lösung der großen staatspolitischen Probleme des Reiches einer besseren Zukunft entgegengeht, zu deren Bau er mit der Urkraft seines Wesens beigetragen hat.“45 Die Widersprüchlichkeit von Löhrs Problemlösungsansatz zeigt sich an den Maß- nahmen zur sozialen Sicherheit der Landbevölkerung : Einerseits betonte er die drückenden Soziallasten für die Selbstständigen ; andererseits sah er in der man- gelnden Absicherung der Unselbstständigen eine Triebfeder der „Landflucht“. Die sozial- und zugleich rassenpolitischen Neuerungen des NS-Regimes nach dem „Anschluss“, die auch die Abwanderung aus Land- und Forstwirtschaft einzu- dämmen helfen sollten, erweckten auf dem Land gemischte Gefühle. Die Aus- dehnung der Versicherungspflicht auf die Unfallversicherung der Selbstständigen und die Invaliden- und Altersversicherung der Unselbstständigen empfanden die bäuerlichen Betriebsinhaber/-innen wegen erhöhter Beitragszahlungen kurzfristig als Nachteil ; die Vorteile sollten sich erst längerfristig erweisen. Auf ungeteilte Zustimmung stießen demgegenüber staatliche Sozialleistungen wie Ehestands- darlehen, Kinderbeihilfe und Wohnbauförderungen, die der Landbevölkerung teils als zinsenlose Darlehen, teils als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt wurden. Doch der vermehrten Kaufkraft der ländlichen Sozialleistungsempfänger/-innen stand ein im Zuge der Kriegswirtschaft immer stärker eingeschränktes Konsum- güterangebot gegenüber.46 So erscheint es zweifelhaft, dass das „sozialpolitische
zurück zum  Buch Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945"
Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Schlachtfelder