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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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276 „Menschenökonomie“ unter Zwang oder dementsprechend in Betrieben mit sinkender Betriebsgröße, schließlich e) im Bereich steigender industrieller und gewerblicher Arbeitsmöglichkeiten auf land- wirtschaftlichen Betrieben mit Taglöhnerverfassung (östliches Niederdonau)“.77 Demzufolge verzeichneten die Bergregionen im Nord- und Südwesten sowie das Flachland im Osten Niederdonaus, und hier wiederum die klein- und mittelbäu- erlichen Betriebe, überdurchschnittliche Verluste an landwirtschaftlichen Arbeits- kräften. Die „Landwirtschaftsflucht“ zeigte nicht nur räumliche, sondern auch zeitliche Beschränkungen. Bereits im Frühjahr 1939, nach dem Höhepunkt im Herbst 1938, wurde ein Rückgang der Abwanderungsbewegung festgestellt. Nur selten entschie- den sich bäuerliche Familienangehörige „über das als natürlich zu bezeichnende Maß hinaus“ zur Abwanderung. Ein Abwanderungsmotiv bildete die mangelnde Versorgung der Geschwister eines Hoferben, die durch das REG vor allem in den Gebieten mit verbreiteter Realteilung im Osten Niederdonaus festgeschrieben worden war.78 Das Nachlassen der Abwanderung familienfremder Arbeitskräfte war auf die Verordnungen zur Sicherstellung des Kräftebedarfs im Landbau zu- rückzuführen. Dennoch gelang einer beträchtlichen Zahl der Landarbeiter/-innen die „etappenweise Flucht“ über die Forstwirtschaft zu Industrie und Gewerbe. Da- rüber hinaus war zu beobachten, dass sich Landarbeiter/-innen durch oftmaliges Wechseln des Dienstplatzes bessere Arbeits- und Lohnbedingungen verschaffen wollten.79 Trotz der zahlreichen Lücken im landwirtschaftlichen „Arbeitseinsatz“, die dem Eigensinn der Landarbeitskräfte Tür und Tor öffneten, sah Ludwig Löhr im Sommer 1939 eine Lösung des Landfluchtproblems in Griffweite : „Man hofft, daß es den Arbeitsämtern in Zusammenarbeit mit den Kreisbauernschaf- ten in Zukunft gelingt, jede Abwanderung und jeden unbegründeten Wechsel des Arbeitsplatzes zu verhindern. Schon heute werden Landflüchtige, sobald sie bekannt werden, der Landwirtschaft sofort wieder zurückvermittelt. Allerdings werden diese Fälle vielfach nur durch private Anzeigen bekannt, weil eine umfassende behördli- che Ausforschung teilweise noch fehlt. Die Zahl der Landflüchtigen übersteigt daher heute noch immer die Zahl der wieder dem Landbau zurückgeführten Menschen. Die allzu späte Einführung des Arbeitsbuches wird in diesem Zusammenhang beklagt.“80 Die Erfüllung dieser Hoffnung rückte wenige Wochen später, mit der Beschrän- kung des Arbeitsplatzwechsels ab Kriegsbeginn im September 1939, in Griffweite. Doch nach der vermeintlichen Lösung des Landfluchtproblems erwuchs der po- litisch gesteuerten „Menschenökonomie“ ein neues Problem, dessen (Not-)Lö- sungsversuche die Arbeitsämter bis Kriegende in Atem hielten : der Ersatz der zum Militärdienst einberufenen Landarbeitskräfte.
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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