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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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296 „Menschenökonomie“ unter Zwang wohl bildeten sich auch hier vielfach mehrjährige Arbeitsbeziehungen zwischen den beteiligten Familien heraus (Abbildung 4.11).140 Schließlich erklärt die Bevorzugung der landwirtschaftlichen Intensivregionen im Osten Niederdonaus gegenüber den extensiver genutzten Regionen im Wes- ten durch die Arbeitsämter die wachsenden Dichten der ausländischen Zivilar- beitskräfte in den Arbeitsamtsbezirken Gän sern dorf, der „Kornkammer der Ost- mark“, und Znaim  – entgegen der Gefahr der „fremdvölkischen Unterwanderung“ der Grenzkreise. So wandte Reichskommissar Josef Bürckel 1940 gegen die Be- schränkung des „Ausländereinsatzes“ in den Grenzkreisen ein, „dass die in Frage kommenden Gebiete die ertragreichsten der Ostmark sind und deren Ernte zum wesentlichen Teil den Nahrungsmittelbedarf der übrigen Ostmark sicherstellt“.141 Im Rahmen des arbeitsteiligen „Reichseinsatzes“ forcierte die Arbeitseinsatzver- waltung in Niederdonau den ernährungswirtschaftlich angeleiteten Einschluss der ausländischen Arbeitskräfte entsprechend des regional unterschiedlichen Arbeits- kräftebedarfs der landwirtschaftlichen Betriebe. Hingegen fiel der rassenideologisch legitimierte Ausschluss der „Fremdvölkischen“ aus der „Betriebsgemeinschaft“ in den Aufgabenbereich des Polizeiapparats unter Federführung der Gestapo. Das Zahlenverhältnis der Geschlechter unter den ausländischen Zivilarbeits- kräften verschob sich über die Jahre in allen vier Regionen zugunsten der Frauen  – ein Beleg für die wachsenden Schwierigkeiten, Männer für den „Reichseinsatz“ zu rekrutieren. Im Raum des landwirtschaftlichen „Reichseinsatzes“ korreliert, wie ge- zeigt, die Geschlechterproportion der ausländischen Zivilarbeiter/-innen mit den östlich gelegenen Intensivregionen 1941, so auch mit Gän sern dorf und Znaim ; hingegen bewegte sich die Zahl der Frauen pro 100 Männer in Amstetten und Gmünd unter dem gauweiten Durchschnitt. Doch 1942/43 kehrte sich dieses Ver- hältnis um, sodass 1944 letztere Arbeitsamtsbezirke höhere Geschlechterproporti- onen als erstere aufwiesen. Diese Trendumkehr hing unter anderem mit dem mas- senhaften Einsatz der „Ostarbeiter“ zusammen, worauf Gendarmerieberichte vom Sommer 1942 aus dem Kreis Amstetten hinweisen : „Die Landarbeiterfrage hat sich durch Zuteilung von namentlich russischen weiblichen Arbeitskräften etwas gebes- sert.“142 Dennoch wurde weiterer Bedarf an „Ostarbeiterinnen“ angemeldet : „An fremdländischen, landwirtschaftlichen Arbeitern herrscht noch immer Mangel, und zwar hauptsächlich an weiblichen Hilfskräften.“143 Die aus den gesindereichen Be- trieben im westlichen Niederdonau abgezogenen Fachkräfte für die Betreuung des Viehs wurden offenbar zum Teil durch weibliche Arbeitskräfte aus dem Ausland, vor allem durch „Ostarbeiterinnen“, ersetzt. Das Zahlenverhältnis von Frauen und Männern nahm nicht stetig zu, sondern schwankte in der Regel zwischen höhe- ren Sommer- und niedrigeren Winterwerten ; eine Ausnahme bildete Gmünd im Winter 1943, als erst- und letztmalig mehr ausländische Zivilarbeiterinnen als Zi-
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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