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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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319 Arbeit als alltägliches Kräftefeld Arbeitsleistung mässig, stehen innerlich dem deutschen Volke sicherlich feindlich gegenüber, doch kommt es in letzter Zeit zu keinen Äußerungen, aus denen die tatsächliche Stimmung dieser Arbeiter zu entnehmen wäre.224 Offenbar sah der Landrat einen Zusammenhang zwischen den weltanschaulichen Orientierungen und der Arbeitsleistung der ausländischen Arbeitskräfte ; das war wohl eher die Logik des Beobachters als der Beobachteten. Bereits zwei Monate später, im Feb- ruar 1942, schätzt er die Arbeitsleistung als „im allgemeinen zufriedenstellend“ ein. Allerdings gebe es „nur vereinzelt Polen, die von ihren Arbeitgebern als vollwertige Arbeitskräfte anerkannt werden“.225 Im Sommer 1942 kam mit den „Ostarbeitern“ auch im Kreis Wiener Neu- stadt eine neue Kategorie von „Fremdvölkischen“ zum Einsatz, die durch das neu eingerichtete Auffanglager geschleust wurden. Im August 1942 wurden die Leis- tungen der in der Landwirtschaft eingesetzten sowjetischen Zivilarbeiter/-innen als „zufriedenstellend“ bezeichnet.226 Einen Monat später betonte der Berichter- statter die „große Bedeutung“ des „Ostarbeitereinsatzes“ für die Einbringung der Ernte ; deren Verhalten, insbesondere jenes der ukrainischen Landarbeiterinnen, sei lobenswert.227 Im Dezember 1942 wurden die „Ostarbeiter“, abgesehen von einigen Fällen von „Arbeitsverweigerung“, nicht gesondert etikettiert.228 In der positiven, bisweilen euphorischen Beurteilung der „Ostarbeiter“ im Sommer 1942 mochte auch die Abschwächung rassistischer Stereotypen aufgrund alltäglicher Erfahrungen mitschwingen. Die im rassistischen Diskurs als primitive „Unter- menschen“ Etikettierten, vor allem aber die Frauen aus den besetzten Ostgebieten, erschienen im Alltag als brauchbare, lernfähige Landarbeiter/-innen. So kam es paradoxerweise dazu, dass die Berichte des Landrates die zu diesem Zeitpunkt am stärksten diskriminierte Kategorie ausländischer Zivilarbeiter/-innen in den höchsten Tönen lobte. Doch die Euphorie des Landrates über die ausländischen Arbeitskräfte war von kurzer Dauer. Ab der Jahreswende 1942/43 mischten sich in diese durchwegs positive Leistungsbeurteilung negative Eindrücke ; erstmals war von „geringen Ausnahmen“ von der guten Arbeitsleistung und vom Aus- bleiben „besonderer Klagen“ über die Ausländer/-innen die Rede.229 Im Februar 1943 wertete der Berichterstatter die Arbeitsleistung der Ausländer/-innen nicht mehr, wie in den vergangenen Berichten, als „zufriedenstellend“ ; sie gebe eben nur „zu keinen besonderen Klagen Anlaß“.230 Dass die Debatte um die Nieder- lage der Deutschen Wehrmacht in Stalingrad die Deutungen des Beobachters beeinflusste, ist anzunehmen ; er teilte wohl bis zu einem gewissen Grad die von ihm geschilderte „Gedrücktheit und Ängstlichkeit“ der Bevölkerung und regis- trierte das Verhalten der im Kreis eingesetzten Ausländer/-innen mit erhöhter Sensibilität. Doch von solchen Wahrnehmungen war in den folgenden Monaten nicht die Rede. Die Arbeitsleistungen schienen unverändert ; ein Absinken wurde
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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