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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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340 „Menschenökonomie“ unter Zwang Folge.299 Vor allem die Sowjetbürger/-innen, denen noch geringere Nahrungsmen- gen zugestanden wurden als den nichtsowjetischen Kriegsgefangenen, waren dem organisierten Hunger ausgesetzt.300 Nach Kritik vonseiten der Dienstgeber/-innen über unzureichende Verpflegungssätze für die Sowjetbürger/-innen wurden die Verpflegungssätze der in der Landwirtschaft eingesetzten sowjetischen Kriegsge- fangenen und Zivilarbeiter/-innen im Herbst 1942 jenen der übrigen Kriegsge- fangenen angeglichen, lagen jedoch nach wie vor deutlich unter jenen der übrigen zivilen Ausländer/-innen.301 Für die in der Landwirtschaft beschäftigten Kriegsge- fangenen und „Ostarbeiter“ in Lagerunterkunft waren im Oktober 1942 folgende Sätze vorgeschrieben : pro Woche 2.375 Gramm Brot, 400 Gramm Fleisch („mög- lichst Pferde- oder Freibankfleisch“), 100 Gramm Schlachtfett oder 80 Gramm Knochenfett bzw. Talg und 100 Gramm Margarine, pro Verteilungsperiode 300 Gramm Nährmittel, 250 Gramm Kaffeeersatz und 700 Gramm Zucker.302 Dar- über hinaus waren ab Dezember 1942 in Lagern untergebrachte Sowjetbürger/- innen, außer bei hochwertigen Lebensmitteln wie Vollmilch, Eiern oder Butter, den inländischen „Normalverbrauchern“ gleichzustellen303  – mit einigen Sonder- bestimmungen : Kriegsgefangenen und sowjetischen Zivilarbeiter/-innen standen Sonderzuteilungen an Lebensmitteln wie Geflügel, Wild oder Genussmittel mit Ausnahme der Raucherkarte nicht zu ;304 schwangere oder stillende Mütter er- hielten keinerlei Sonderzulagen.305 Die Verpflegung der seit Sommer 1944 in der Land- und Forstwirtschaft eingesetzten jüdischen Arbeitskräfte aus Ungarn sahen ähnliche Diskriminierungen vor : Mütterzulage, Kinderzulage und Einzelverpfle- gung waren ebenso wie der Bezug von Rauchwaren verboten ; Kost und Unterkunft wurden für die „Einsatzfähigen“ vom Betrieb gestellt, für „Nichteinsatzfähige“ hatte das Sondereinsatzkommando aufzukommen.306 Zudem wurden die Fleisch- rationen für „Juden in Lagerverpflegung“ mit 250 Gramm pro Woche  – der Hälfte der sowjetischen Arbeitskräften zustehenden Ration  – festgelegt.307 Das Überleben der Lagerangehörigen hing von der Möglichkeit ab, sich zu- sätzliche Nahrungsmittel zu verschaffen. Gemäß der Genfer Konvention mussten in den Lagern Kantinen eingerichtet werden, in denen Lebens- und Genussmittel sowie einfache Gebrauchsgegenstände gegen Lagergeld an die Kriegsgefangenen verkauft wurden ; diese dürften jedoch nur spärlich bestückt gewesen sein.308 Die in Lagern untergebrachten Kriegsgefangenen verfügten als unter internationalem Schutz Stehende über ein lebenswichtiges Privileg : den regelmäßigen Empfang von Lebensmittelpaketen.309 Die „Liebesgaben“, etwa in Frankreich ein Ausdruck persönlicher und patriotischer Fürsorge, empfanden Bevölkerung und Behörden des Deutschen Reiches vielfach als Provokation ; dies leistete allerlei Verdächti- gungen wegen Vergeudung von Lebensmitteln, Betreiben von Schleichhandel oder Vorbereitung zur Sabotage Vorschub.310 Dagegen schätzten die französischen
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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