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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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384 Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ Beide Wortmeldungen, obwohl von unterschiedlichen Fragen ausgehend, ge- langten zu ähnlichen Antworten. Offenbar waren die Möglichkeiten der Me- chanisierung des Berg- wie des Kleinbauernhofes nur innerhalb der Grenzen des reaktionär-modernistischen Technikdiskurses verhandelbar. Gelehrte Abhandlungen konnten zwar Lösungsansätze des bäuerlichen Tech- nikproblems aufzeigen ; zu deren Umsetzung bedurfte es jedoch weiterer Mittel : Sach- und Geldleistungen sowie eines organisatorischen Apparats für deren zweck- entsprechenden Einsatz. Der Reichsnährstand förderte über diverse Beihilfen Ma- schinenanschaffungen und weitere technische Investitionen (Tabelle 5.4). Ergän- zend zu den Reichsnährstandsbeihilfen widmete sich die Landwirtschaftsabteilung in der Behörde des Reichsstatthalters der Landeskulturförderung, etwa durch den Bau von Güterwegen, Seilbahnen oder Entwässerungsanlagen.39 Neben den allge- meinen Organisationen, dem Reichsnährstand und der Behörde des Reichsstatt- halters, suchten Sondereinrichtungen bestimmte Technisierungsprobleme zu lösen. Die Lösung des Verschuldungsproblems und des damit verbundenen Berg- und Kleinbauernproblems im Rahmen der Entschuldungs- und Aufbauaktion oblag den 1938 in jedem Reichsgau eingerichteten Landstellen, die direkt dem REM unter- standen. Zur Lösung des Bergbauernproblems wurde 1940 eine Unterabteilung im REM unter der Führung Anton Reinthallers geschaffen, die unter anderem den „Gemeinschaftsaufbau im Bergland“ als Versuchsstation der technischen Moderni- sierung der deutschen Landwirtschaft nach dem Krieg organisierte.40 Insgesamt sprechen Agrartechnikdiskurs und -einsatz in der Ostmark im Allge- meinen, in Niederdonau im Besonderen eine deutliche Sprache : Die landwirtschaft- liche Technisierung, ein Schlüsselmerkmal produktivistischer Agrarentwicklung, erfuhr einen beachtlichen Schub. Erstens wurde die Technisierung der Landwirt- schaft vom Agrarapparat mit erheblichem Mitteleinsatz gefördert ; freilich sollte dies nicht in fabriksmäßiger Weise, sondern dem „bäuerlichen Wesen“ gemäß  – nicht im Sinn des high modernism,41 sondern des reactionary modernism  – erfolgen. Zweitens wurde die durchschnittliche Ausstattung der Betriebe mit mechanisch-technischen Mitteln im Vergleich zum Stand der 1930er Jahre bis 1942/43 erheblich erweitert ; dies kam gemessen an der Maschinenleistung etwa einer Verdoppelung, gemessen an der Maschinenzahl, je nach Art, bis zu einer Versechsfachung gleich. Drittens erfuhren auch die eingesetzten organisch-technischen Mittel wie Mineraldünger bis 1941 eine beträchtliche Ausweitung auf fast das Dreifache der Mengen von 1937. Nehmen wir den Technisierungsgrad als Modernitätsmaßstab, dann zeigt der agrartechnische Wandel in der Ostmark und in Niederdonau ab 1938 einen zwar begrenzten, aber erheblichen Modernisierungsschub. Freilich lässt sich die Debatte um die nationalsozialistische Agrarmodernisierung42 nicht auf technische Aspekte reduzieren, sondern bedarf einer umfassenderen Sicht.
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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