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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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414 Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ Der Anteil der Wirtschaftspolitik des „Systems“ wurde in der „bewusste[n] Pro- duktionsbeschränkung“ zur Milderung der Absatzkrise „durch Drosselung der Milcherzeugung, durch Beschränkung der Schweinemast, durch Anbaukürzung bei Zuckerrüben und Kartoffeln und durch Verbot der Neuaufrebung brachliegen- den Weinlandes“ gesehen : „Also zwangsweise Extensivierung war die Parole, was dann zwangsläufig den Rückgang der Einnahmen im Gefolge hatte.“121 Genau an diesem Punkt hakten die gegen den Verfall in der „Systemzeit“ agitierenden natio- nalsozialistischen „Bauernführer“ ein, um das „Landvolk“ für das „Wiederaufbau“- Projekt zu mobilisieren. Wie das Verfahren von Leopold Leitner zeigt, bestand die „Entschuldung“ nur zu einem geringen Teil aus der Streichung von Schulden ; vorwiegend handelte es sich um eine Umschuldung. Ziel des Verfahrens war laut Entschuldungsverordnung „eine Regelung der Schulden, die es dem Betriebsinhaber bei ordnungsgemäßer Wirtschaftsführung ermöglicht, nach Bestreitung der Kosten einfacher Lebens- haltung und Berücksichtigung der laufenden öffentlichen Lasten die verbleiben- den Schulden zu verzinsen und zu tilgen“.122 In den Erläuterungen zur Verord- nung wurde Klartext gesprochen : „Die Entschuldung wird nicht nur zugunsten des Betriebsinhabers durchgeführt, sondern auch im Interesse der Allgemeinheit, um den Betrieb in die Lage zu versetzen, im Rahmen der Erzeugungsschlacht sei- nen Anteil zur Sicherstellung der Volksernährung beizutragen.“123 Die Höhe der jährlichen Zins- und Tilgungszahlungen  – die „Leistungsfähigkeit“  – sollte durch die Landstelle im Zuge einer Betriebsbesichtigung und nach Anhörung des Kreis- bauernführers und weiterer Sachverständiger ermittelt werden. Um die Schulden an die „Leistungsfähigkeit“ anpassen zu können, standen der Landstelle vor allem vier Maßnahmen zur Verfügung : Festschreibungen, Ablösungen, die Herabset- zung der Entschuldungsrente und Nachlässe. Durch Festschreibungen wurden beteiligte Forderungen in unkündbare Tilgungsforderungen zu einem Zinssatz von höchstens 4,5 Prozent umgewandelt ; beim kleinstmöglichen Tilgungssatz von 0,5 Prozent betrug die Laufzeit 51 Jahre. Ablösungen von beteiligten For- derungen wurden in bar mit Reichsmitteln oder mit 4-prozentigen Ablösungs- schuldverschreibungen der Deutschen Rentenbank an die Gläubiger ausbezahlt ; sie sollten dann zum Zug kommen, wenn einem Gläubiger die Festschreibung der Forderungen finanziell nicht zugemutet werden konnte. Die Herabsetzung der Entschuldungsrente, die zur Deckung der staatlichen Ablösungsmittel diente, bot eine weitere Möglichkeit zur Senkung der Jahreslast. Üblicherweise betrug die grundbücherlich sichergestellte Entschuldungsrente 4,5 Prozent der Ablösungs- summe  – 3 Prozent Zinsen und 1,5 Prozent Tilgung  – und lief 37 Jahre ; sie konnte bei entsprechender Verlängerung der Laufzeit auf 3,5 Prozent, bei Kleinbetrie- ben und Erbhöfen sogar auf 2,5 Prozent gesenkt werden. Schließlich konnten
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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