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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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448 Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ Unter den in Niederdonau über das Planungsstadium hinaus gelangten vier Projekten ragt aufgrund der Quellenlage, namentlich der ausführlichen Berichte des Aufbauleiters, jenes in Ybbsitz im Kreis Amstetten heraus ; weitere Projekte liefen in Brand-Finsternau im Kreis Gmünd, Vorder- und Hintereben im Kreis Lilienfeld und Hochneukirchen im Kreis Oberpullendorf.211 Das Verfahren kam in Gang mit einem Antrag des in Ybbsitz ansässigen Betriebsbesitzers Heinrich Brauner, zugleich Geschäftsführer des Landwirtschaftlichen Treuhandverbandes der Landesbauernschaft Donauland, um „Errichtung einer Beispielsbauernschaft“ in seinem Wohnort : Es bestehe ein „gesundes, aufstrebendes, aber armes Berg- bauerntum“ mit „gesunde[m] Genossenschaftswesen“ ; die Bergbauernverhältnisse seien „geradezu klassisch“ : Einzelhofsiedlung, starke Hanglage, Seehöhe von 400 bis 900 Meter ; die Aktion könne ein „Gegengewicht gegen die die heute noch immer klerikale Gegenpropaganda“ schaffen ; im Unterschied zum Vorzeigepro- jekt Pichl-Obersdorf solle in Ybbsitz das „Motto der sparsamsten Verwendung öffentlicher Mittel“ gelten ; es herrsche ein „ungeheurer Aufbauwille“ unter der Bauernschaft, die sich durch eine „glückliche Mischung zwischen bäuerlichem Persönlichkeitsbewusstsein und genossenschaftlichem Gemeinschaftswillen“ aus- zeichne ; die „Stärkung und Verankerung nationalsozialistischen Denkens auch in der Bauernschaft“ sei zu erwarten ; der Aufbau werde nicht in einem „amerikani- schen Tempo“ vor sich gehen, sondern „in jedem Augenblick mit der bäuerlichen Kraft seiner Gemeinde verwachsen bleiben“ ; schließlich bezeichnete er seine Per- son als illegaler und legaler Bezirksbauernführer als Gewähr für den Erfolg.212 Mit großer Emphase  – und in Abgrenzung zum technokratischen, „amerikanischen“ Muster der Modernisierung  – setzte der Lobbyist den Akzent auf das individuelle und kollektive Aktivitätspotenzial der bäuerlichen Betriebsinhaber/-innen ; mittels seines bürokratischen Insiderwissens klinkte er die projektierte Aufbaugemeinde passgenau in das amtliche Anforderungsprofil ein. Die Passung von Antrag und Anforderungsprofil sowie die leitende Position des Antragstellers im Bereich der Landesbauernschaft Donauland förderten das Projekt. So richtete Heinz Haushofer als Leiter der Landwirtschaftsabteilung Be- auftragter des Reichsstatthalters für den „Gemeinschaftsaufbau“ im Februar 1941 einen derselben Argumentationslinie folgenden Projektantrag an die Berglandab- teilung. Der dem Antrag beiliegende Aufbau- und Finanzplan suchte die vor Ort vorherrschende Wirtschaftsweise zu intensivieren : „Im Prinzip soll an der sich bereits angebahnt habenden Entwicklung vom Getrei- debau weg zum Futterbau nichts geändert werden, sondern im Gegenteil, sie soll be- schleunigt werden. Es ist daher schrittweise durch entsprechende stellenweise Drä- nung [Entwässerung] die Grundlage zu schaffen für die Anlage von Kunstwiesen
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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