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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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456 Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ Milchwirtschaft umzustellen : „Die Rinderhaltung wird also von der noch vorherr- schenden extensiven Weidewirtschaft mit Ochsenaufzucht auf Milchgewinnung mit Intensiv-Weidebetrieben mit verhältnismäßig geringer Aufzucht umzustellen sein.“226 Eine enorme Ausweitung, gemessen am Neuwert auf das Fünfeinhalbfa- che, sollte der Maschinenbestand erfahren ; dabei ging ein beträchtlicher Teil auf das Konto der in Gemeinschaftsbesitz befindlichen Maschinen wie Elektromoto- ren, Drillmaschinen oder Traktoren. Durch die Mechanisierung von Handarbeiten sollte der Arbeitskräftebesatz gleich bleiben ; mit einer Abnahme des Anteils fami- lienfremder Arbeitskräfte im Zuge der „Landflucht“ wurde gerechnet. Die Ausstat- tung jedes Betriebes mit Düngerstätte und Jauchegrube sowie Gärfutterbehältern sollte das Wirtschaftsdünger- und Futteraufkommen steigern. Der Planungsent- wurf des lokalen Agrarsystems ging unzweifelhaft in Richtung vervielfachter Ka- pitalintensität durch den Einsatz organisch- und mechanisch-technischer Mittel oder, anders gesagt, wachsender Boden- und Arbeitsproduktivität. Über die Kalkulation von betrieblichen Ressourcenflüssen wie Dünger-, Fut- ter- und Arbeitsbilanzen fügten sich die einzelnen Elemente des Agrarsystems  – Kulturarten- und Anbauverhältnis, Viehzusammensetzung, Maschinenbestand, Arbeitskräftezahl und so fort  – zu einer „organischen Ganzheit“. Daraus ergaben sich die Mengen der notwendigen Zu- und möglichen Verkäufe sowie, über de- ren monetäre Bewertung, die aus- und eingehenden Geldflüsse (Tabelle 5.17). In den Geldbilanzen wird die fundamentale Änderung der Entwicklungsrichtung des lokalen Agrarsystems zahlenmäßig fassbar. Im Vergleich der bestehenden und geplanten Durchschnittsbetriebe zeigen die Geldflüsse auf der Ausgabenseite ver- stärkte Zukäufe an Dünge- und Futtermitteln, Maschinen und Geräten sowie von fossiler und elektrischer Energie an. Auf der Einnahmenseite löste der Milch- den Viehverkauf als Haupteinnahmequelle ab. Während den 1941 bestehenden Be- trieben  – bei hoher Verschuldung  – im Schnitt kein Geld übrig blieb, schnellten die erwarteten Überschüsse in den „aufgebauten“ Betrieben auf durchschnittlich 7.200 Reichsmark  – 6.000 Reichsmark in den Mittel-, 10.200 Reichsmark in den Großbetrieben  – hinauf. Das hätte im Durchschnitt einen Sprung der Bo- denproduktivität von null auf 157 Reichsmark pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche, der Arbeitsproduktivität von null auf 978 Reichsmark pro AKE er- geben. Durch die engere Verflechtung der Betriebe mit vor- und nachgelagerten Märkten hätte das lokale Agrarsystem erheblich an Autonomie eingebüßt. Die Reproduktion der zur Produktion benötigten Ressourcen, vor allem des Sach- und Geldkapitals, wäre vermehrt von der politisch-ökonomischen Umwelt  – der mechanischen und chemischen Industrie sowie den Kreditmärkten  – her erfolgt. Diese Verflechtung liefe tendenziell auf die Aufhebung der Systemgrenze zu die- ser Umwelt und, in weiterer Folge, auf die Eingliederung als lokales Subsystem
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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