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459„Aufrüstung“
in den Bergen
und Neubauten der Wohn- und Wirtschaftsgebäude ; danach folgten Straßen- und
Wegebauten mit etwa einem Sechstel, die Anschaffung von Maschinen mit rund
einem Zehntel der Kosten. Die Finanzierung dieser gigantischen Summe setzte
nur zu einem geringen Teil auf Eigenleistungen ; mehr als neun Zehntel sollten
aus staatlichen und staatsnahen Quellen zufließen. Die Planungen sahen eine
Laufzeit von fünf Jahren vor, wobei sich die vorgesehenen Geldbeträge von Jahr
zu Jahr steigerten. Die Abfolge der Maßnahmen regelte ein vierstufiger Zeitplan :
Die erste Stufe umfasste Sofortmaßnahmen wie Verkehrserschließung, Stromver-
sorgung und Schulung. Stufe zwei zielte auf die Verbesserung der Einzelbetriebe
im „Schneeballverfahren“, etwa mittels Gesunddüngung, Gärfutterbehälter oder
Maschineneinsatz. Die dritte Stufe sah die Schaffung der Gemeinschaftseinrich-
tungen – Werkstätte, Maschinenschuppen, Schwesternstation und so fort – vor.
Die vierte Stufe beinhaltete abschließende Maßnahmen wie die Waldzuteilung,
die Betriebskontrolle und die Abrechnung. Der Planverfasser sah den „Betriebser-
folg“ in der Steigerung des bäuerlichen Lebensstandards, der betrieblichen Markt-
leistung
– das Siebenfache bei Milch, das Zwanzigfache bei Schweinefleisch, mehr
als das Hundertfache bei Kartoffeln – sowie der Gelderträge, die einen Durch-
schnittslohn je Arbeitskraft und Monat von 50 Reichsmark ermöglichten. Als
Manko räumte er ein, dass die erwünschte Arbeitsentlastung zufolge des notwen-
digen Intensitätsgrades nicht eintreten werde, die Rücklagen für Investitionen mit
einem Prozent der Besatzwerte unzureichend seien und der Geldertrag zwar zur
Finanzierung der Ausbildung der Kinder und der Ansprüche der weichenden Er-
ben, nicht jedoch zur Verzinsung des Anlagekapitals reiche. Letztlich überwog je-
doch die Gewissheit, dass der Zweck der Aktion – die „endgültige Erhaltung und
Stärkung der Bastionen an der Südgrenze und der Höhengrenze des deutschen
Lebensraumes“ – die Mittel rechtfertige.227
Neben den quantitativen Aspekten des Ybbsitzer Aufbauplanes eröffnen die
qualitativen Aspekte weitere Einblicke. Am kostenaufwendigsten Teil der Auf-
baumaßnahmen, den Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, lässt sich das planerische
Leitmotiv genauer fassen. Bereits die Gebäudeplanung im Rahmen der Aufbau-
aktion durch die Landstelle hatte sich den „schöne[n], alte[n] Hof als Vorbild“
genommen.228 Als planerischer Behelf diente die Karte der Siedlungsformen Adal-
bert Klaars von 1942.229 Bilder „bodenständiger“ Bautradition leiteten auch die
Planungen für den „Gemeinschaftsaufbau“ an. Im Gefolge der Denkfigur der „Bo-
denständigkeit“ der Gebäudeform zählte die volkskundliche Hausforschung Ybb-
sitz innerhalb der alpinen „Hauslandschaft“ zum Kerngebiet des Doppel-T-Hofes.
Klaar betrachtete den Doppel-T-Hof als „Sonderform, die deutlich den Einfluß
des alpinen Paarhofes auf den donauländischen Drei- und Vierseithof erkennen
lässt“230 (Abbildung 5.20). Das wuchtige Erscheinungsbild, das der Doppel-T-Hof,
Schlachtfelder
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Schlachtfelder
- Untertitel
- Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
- Autor
- Ernst Langthaler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20065-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 948
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- 1. Akteure in Agrarsystemen 11
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
- 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
- Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
- 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
- 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
- 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
- 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
- 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
- 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
- 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
- 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
- 2.9 Zusammenfassung 149
- 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
- Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
- 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
- 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
- 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
- 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
- 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
- 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
- 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
- 3.8 Zusammenfassung 253
- 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
- Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
- 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
- Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
- 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
- Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
- 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
- Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
- 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
- Anmerkungen 755
- Tabellenanhang 824
- Farbabbildungsanhang 849
- Quellen- und Literaturverzeichnis 865
- Abkürzungsverzeichnis 918
- Tabellenverzeichnis 920
- Abbildungsverzeichnis 927
- Personenregister 933
- Ortsregister 934
- Sachregister 937