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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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498 Das „Landvolk“ und seine Meister kam die geforderte Steigerung der Industriepflanzenproduktion, etwa zur Herstel- lung von Ersatzstoffen für die Textilindustrie.6 Kurz, der Forschungsdienst zielte auf die Verschmelzung der über das Reichsgebiet verstreuten Institute und ihrer Forscher/-innen zu einer „große[n] Arbeitsgemeinschaft“7  – einem agronomischen Expertensystem, das dem „planvollen und zielbewußten Einsatz aller wissenschaft- lichen Kräfte für die deutsche Ernährungswirtschaft“8 verpflichtet war. Die land- und forstwirtschaftlichen Experten waren die intellektuelle Elite der sich seit Ausgang des 19. Jahrhunderts formierenden agrarischen9 bzw. agrarisch- industriellen10 Wissensgesellschaft, in der Fachwissen in Verbindung mit techno- logischen Neuerungen als Schlüsselressource land- und forstwirtschaftlicher Pro- duktion und Reproduktion diente. Zusammen mit land- und forstwirtschaftlichen Interessenvertretungen, agrarischen Bildungs- und Beratungseinrichtungen und ländlichen Massenmedien bildeten sie die „institutionelle Matrix“11 einer Wissens- gesellschaft, die auch die ländliche Bevölkerung, vor allem Betriebsleiter/-innen und Jugendliche, einzubinden beanspruchte. Die Einbindung der Akteure auf den Höfen in diese imagined community war prekär und bedurfte ständiger Verhand- lungen mit offenem Ausgang. Dabei markierte die NS-Ära den „Übergang von ei- nem Wissenssystem, das mit dem Landwirt arbeitete, zu einem Wissenssystem für den Landwirt [Hervorhebungen im Original]“, das diesem die „Rolle des bloßen Exekutors betriebsfremder Anweisungen“ zuwies.12 Nach dem „Anschluss“ Österreichs verleibte sich der Forschungsdienst unter der Führung Konrad Meyers, der mittlerweile Spitzenpositionen im Reichsfor- schungsrat und der Deutschen Forschungsgemeinschaft erklommen hatte,13 auch die Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet der Ostmark ein. Dabei ging es, mit Sekera gesprochen, „darum, die aus der österreichischen Landwirtschaft organisch herauswachsenden Forschungsfragen zu organisieren und zu einer Gemeinschafts- arbeit zu formen“.14 Neben allgemeinen Problemen des Deutschen Reiches wür- den „ostmärkische“ Sonderprobleme zur Lösung anstehen, etwa die Bodenerosion in den alpinen Gebieten, die verbreitete Düngerinaktivität der Böden oder der Mangel an widerstandsfähigen Getreidesorten.15 Trotz aller Euphorie über die scheinbare „Freiheit der Wissenschaft“ klang im Artikel Sekeras aber ein wenig Skepsis an : „Es ist richtig, daß die großen Aufgaben der Erzeugungsschlacht und die Dring- lichkeit ihrer Lösung für die nächste Zeit praktische Forschungsarbeit in den Vor- dergrund stellen. Es muß jedoch festgehalten werden, daß solche Zweckforschung aus den Reserven der nicht zeitgebundenen Grundforschung schöpfen muß und daß diese Reserven nicht aufgebraucht werden dürfen. Also hat der Forschungsdienst auch die Aufgabe, beide Richtungen im richtigen Kräfteverhältnis zu lenken. Auf die Dauer
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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