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Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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517Vordenker des „Aufbaus“ Die „Eigenart des bäuerlichen Lebens“ werde demnach von Natur, Tradition und Arbeit bestimmt : „Im Vordergrund dieser Faktoren steht aber die Arbeit, weil sich in ihr die Einflüsse des Lebensraumes und die Macht der Vergangenheit plastisch niederschlagen.“90 Die Natur- und Traditionsgebundenheit der bäuerlichen Arbeit finde ihren Ausdruck im Arbeitsziel : „Der Bauer strebt weder nach einem Geldüberschuß am Jahresende, noch nach einem Zuwachs an Vermögen, das nicht in der Wirtschaft selbst verankert ist. Der Jahreser- folg scheint vielmehr erreicht, wenn es gelungen ist, die Leistungsfähigkeit des Hofes zu erhalten und den persönlichen Bedarf der Jahresernte anzupassen. Höchstes Ziel der Arbeit des Bauern bleibt der Bestand des Hofes für die Familie und für die Gene- ration, die nach ihm kommt.“91 Natur- und traditionsgebunden seien aber auch die Maßstäbe zur Bewertung des Arbeitsergebnisses. Dementsprechend würden vor allem die sichtbaren Ergebnisse zählen, während etwa die nach außen hin unsichtbare Hausarbeit der Bäuerin „nicht die gebührende Wertung“ erhalte. Was auf den ersten Blick als Infragestel- lung des patriarchalischen Wertekanons erscheinen mag, entpuppt sich letztend- lich als „Hausfrauisierung“,92 als Festschreibung der Bäuerin auf die Hausarbeit  – entgegen der alltäglichen Präsenz der Frauen in den Ställen und auf der Flur. Der Autor gestand ein, dass die realen Ausprägungen bäuerlicher Arbeit diesem Ideal nur selten, etwa bei der „bergbäuerlichen Familienwirtschaft“, nahekamen ; vor allem in Stadtnähe vermische es sich mit einem „händlerischen Geist“. Diese grundsätzlichen, bauerntumsideologisch gerahmten Überlegungen waren auf einen klaren Anwendungszweck bezogen : Es ging darum, den Wirtschaftsberatern und -beraterinnen die „bäuerliche Mentalität“ verständlich zu machen, um derart das Vertrauen der Bauern und Bäuerinnen zu gewinnen und schließlich dem Transfer von Expertenwissen in das bäuerliche Erfahrungswissen zum Erfolg zu verhel- fen.93 Trotz dieses Zweckbezugs suchte Löhrs Auffassung bäuerlicher Arbeit, die Fixierung der Wirtschaftsberatung auf betriebswirtschaftliche „Erfolgsbegriffe“ zu überwinden und auf diese Weise die Logik bäuerlichen Wirtschaftens zu erfas- sen. Ob die Wirtschaftsberatung nun eher dem ‚härteren‘ Zugang der autoritären „Menschenführung“ oder eher dem ‚weicheren‘ Ansatz eines aufgeklärten Pater- nalismus folgte  – jedenfalls suchte sie als ein Machtdispositiv des agronomischen Expertensystems die Kolonialisierung bäuerlicher Alltagswelten voranzutreiben. In welcher Weise sie die bäuerliche Wissensaneignung zu steuern trachtete, erkun- den die folgenden Abschnitte an Medien der Massen- und Einzelberatung. Dabei geht es um Antworten auf die Frage, in welcher Weise die Wirtschaftsberatung des Reichsnährstandes der bäuerlichen Klientel Ziele und Mittel der geforderten
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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