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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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525Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? Um diesen Textkorpus zu interpretieren, betrachten wir die einzelnen Begriffe in ihren wechselseitigen Bezügen, eingebettet in den Diskurs des Wochenblatts als sinnerzeugendes Geflecht.124 Dabei werden quantitative und qualitative Inhalts- analysen kombiniert : Erstere liefern Häufigkeiten der Wortgrundformen, die in einem Jahr oder Quartal gemeinsam  – und damit synchron vernetzt  – auftraten, und deren diachrone Veränderungen ; Letztere suchen die Bedeutungen einzelner Wortverknüpfungen zu dechiffrieren. Die jährlichen Rangreihen der häufigsten Nennungen in den Überschriften lassen Kontinuität und Wandel im Begriffsin- ventar des Wochenblatts erkennen (Tabelle 6.3) : Die Subjektposition „Bauer“, Spit- zenreiter 1938 und 1940, kam danach vergleichsweise seltener zum Einsatz, bis sie 1944 aus der Gruppe der zehn häufigsten Überschriftenbegriffe fiel. Das Attri- but „deutsch“ zählte Jahr für Jahr zu den drei häufigsten Überschriftenbegriffen ; zugleich wurden Ostmark- und Österreich-Bezüge ab-, Regionsbezüge (Wien, Ober- und Niederdonau) aufgewertet. Das Attribut „neu“ stieg nach einem ers- ten Aufschwung 1939 bis 1943 und 1944 zum dritt- bzw. vierthäufigsten Begriff auf. Zwei gemeinschaftsstiftende Begriffe, das Personalpronomen „wir“ und das Possessivpronomen „unser“, sowie das Modalverb „müssen“ erfuhren 1939 eine be- merkenswerte Konjunktur. Unterziehen wir, von dieser Übersicht ausgehend, das Begriffsinventar einer genaueren, auf quartalsweisen Häufigkeiten basierenden Betrachtung (Abbildung 6.4). „Bauer“ diente in den ersten Jahrgängen des Wochenblatts als zentrale Subjekt- position, mit der die Redaktion die bäuerliche Leserschaft anzusprechen suchte. In der nationalsozialistischen „Blut und Boden“-Ideologie besetzte der „Bauer“ die positiv gewertete Position des außerökonomischen Tugenden  – dem Wohl der „Sippe“ im Kleinen wie des „Volkes“ im Großen  – verpflichteten Hofbesitzers ; demgegenüber verkörperte der „Landwirt“ den profitorientierten Agrarunterneh- mer als negativ gewertete Position.125 Das schrittweise Abrücken der Redaktion von dieser Kommunikationsstrategie signalisiert die zunehmende Abnutzung des „Bauern“ in der Wahrnehmung der Wochenblatt-Leserschaft ; zudem näherten sich die Häufigkeiten von „Bauer“ und „Landwirt“ an und waren Anfang 1944 gleich- auf. Mit den Häufigkeiten veränderten sich auch die Wertigkeiten : Artikelüber- schriften wie Der staatlich geprüfte Landwirt126 signalisierten eine Aufwertung des „Landwirts“ gegenüber dem „Bauern“, die sich vor allem an professionelles Wissen und Können knüpfte. Diese Umwertung als Beleg für die in der Literatur behaup- tete Abkehr des NS-Regimes von der „Blut und Boden“-Ideologie seit 1942/43 zu werten, wäre überzogen.127 Doch zweifellos wurden im Zuge der Jahr für Jahr ausgerufenen „Kriegserzeugungsschlachten“ die wirtschaftlichen Leistungen des „Landwirts“ gegenüber den verblassenden außerökonomischen Tugenden des „Bauern“ im Diskurs des Wochenblatts akzentuiert.128
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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