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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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542 Das „Landvolk“ und seine Meister ausnahmslos Beispielsbetriebe sein oder ehebaldigst werden [Hervorhebung im Ori- ginal].“193 Zudem forderte der Melker Beratungsleiter, ein eigenes Karteiblatt zur „Durchleuchtung“ des Betriebes zu erstellen ; dabei existierte dieses bereits in Form der Hofkarte. Die Hofkarte führte alle Informationen über die Faktorausstattung und Produktionsleistung eines Betriebes in einem Formular zusammen ; deshalb diente sie als Informationsgrundlage der Wirtschaftsberatung. Im Kreis Melk fand man damit offenbar nicht das Auslangen. Wie stellte sich der Einsatz der Hofberater in der Kreisbauernschaft Melk 1940 letztendlich dar ? Demal beantwortete diese Frage in überraschend offener Weise : „Wenn an mich die Frage gestellt wird, wie der Einsatz der Hofberater in den einzel- nen Ortsbauernschaften klappt, dann kann ich ehrlich folgendes sagen : In wenigen Ortschaften sehr gut, in wenigen Ortschaften gut und in den meisten Ortschaften wenig. Gerade das außerordentlich gute Funktionieren des Hofberatereinsatzes in wenigen Ortschaften ist der Beweis, daß es überall klappen kann. Da derzeit nur in wenigen Fällen ein Austausch der unfähigen Hofberater möglich ist, so müssen wir mit dieser Arbeit wohl warten, bis Frieden ist und müssen wir Wirtschaftsberater uns selbst dort in erster Linie einsetzen, wo wir unfähige Hofberater haben. Meine Erfahrung mit den Hofberatern in den Ortschaften, in denen die geeigneten Männer Hofberater sind, sind so gute und erfolgversprechend, daß dem Wesen der Hofbera- ter von allen Wirtschaftsberatungsstellen größte Aufmerksamkeit gewidmet werden muß. Wir müssen heute in erster Linie den notwendigen und unnotwendigen Amts- schimmel zu reiten und leider vielfach unproduktive Arbeit leisten, der Hofberater muß aus diesem Grund unsere eigentliche Arbeit übernehmen.194 Freilich können die Verhältnisse im Kreis Melk 1940 nicht auf alle anderen Re- gionen und Jahre übertragen werden ; doch sie offenbaren Widersprüche im ag- ronomischen Expertensystem, die zweifellos auch in anderen Kontexten spürbar wurden. Der Apparat der Wirtschaftsberatungsstelle unter Kriegsbedingungen entpuppt sich als eine ineffiziente Institution, deren Existenz nicht auf Markt-, sondern auf Herrschaftsmechanismen beruhte. Die staatliche Regulation des Agrarsektors erforderte derart hohe Transaktionskosten195 an Verwaltungsauf- wand, dass die eigentliche Wirtschaftsberatung zu kurz kam. Die Lösung dieses Strukturproblems bestand in der Praxis, bäuerliche Hofberater einzusetzen  – und darüber die aus mangelndem Vertrauen gegenüber den Wirtschaftsberatern er- wachsenden Transaktionskosten zu senken. Auf diese Weise sollte die Fremddis- ziplinierung durch das Landwirtschaftsschulwesen um die Selbstdisziplinierung der bäuerlichen Bevölkerung ergänzt werden. Da jedoch ein Mangel an geeigneten Hofberatern herrschte, wurde die endgültige Problemlösung in bewährter Manier
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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