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639Die
verlorene „Erzeugungsschlacht“ ?
7.24). Die drei Untersuchungsbezirke bewegten sich zunächst nahe dem Gesamt-
durchschnitt, fielen aber 1944 deutlich ab ; dabei holte Melk gegenüber Gän sern-
dorf und Gmünd vom letzten zum ersten Platz auf.
Die Leistungsbilanz der „Kriegserzeugungsschlacht“ in Niederdonau stellt sich
gegenüber gängigen Pauschalurteilen – „Der Krieg hätte eine Intensivierung er-
fordert, der Mangel an Betriebsmitteln und Arbeitskräften führte zur Extensivie-
rung“175 – vielschichtiger dar (Tabelle 7.8). Gemessen am Niveau von 1939, nahm
das Volumen der Pflanzenproduktion bis 1944 um 21 Prozent ab. Dies lag weniger
an der Bodennutzungsintensität, die im Wesentlichen aufrechterhalten wurde, oder
an der Nutz- und Ackerfläche, die mehr oder weniger moderat abnahmen ; viel-
mehr minderten teils ungünstige Witterungseinflüsse, teils der trotz wachsenden
Mineraldüngereinsatzes drückende Mangel an Betriebsmitteln und Arbeitskräf-
ten die Bodenerträge. Das Volumen der Tierproduktion, gemessen an Schlacht-
vieh- und Milchmengen, brach um 23 Prozent ein. Dies lag teils am abnehmenden
Viehbesatz, teils am mangels Futtermitteln abnehmenden Fleisch- und Milcher-
trag pro Stück Vieh. Das Gesamtvolumen der Agrarproduktion – ohne Berück-
sichtigung der Forstproduktion – in Niederdonau sank während der Kriegsjahre
um 22 Prozent. Bei leicht abnehmender Nutzfläche ergibt das einen Rückgang der
Bodenproduktivität von 20 Prozent. Die Entwicklung des Arbeitskräftebestandes
Abbildung 7.23 : Anteil der Lieferungen an Molkereien und Händler an der
verkauften Milchmenge in Niederösterreich und dem nördlichen Burgenland
1939–1944
Quelle : eigene Berechnungen nach ÖStZA (Hg.), Ergebnisse.
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1939 1940 1941 1942 1943
Gesamtheit
Gänserndorf
Gmünd
Melk
sonstige Bezirke
Schlachtfelder
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Schlachtfelder
- Untertitel
- Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
- Autor
- Ernst Langthaler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20065-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 948
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- 1. Akteure in Agrarsystemen 11
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
- 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
- Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
- 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
- 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
- 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
- 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
- 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
- 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
- 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
- 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
- 2.9 Zusammenfassung 149
- 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
- Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
- 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
- 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
- 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
- 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
- 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
- 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
- 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
- 3.8 Zusammenfassung 253
- 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
- Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
- 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
- Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
- 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
- Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
- 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
- Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
- 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
- Anmerkungen 755
- Tabellenanhang 824
- Farbabbildungsanhang 849
- Quellen- und Literaturverzeichnis 865
- Abkürzungsverzeichnis 918
- Tabellenverzeichnis 920
- Abbildungsverzeichnis 927
- Personenregister 933
- Ortsregister 934
- Sachregister 937