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641Die
verlorene „Erzeugungsschlacht“ ?
gungen von 1938, denen zufolge Österreichs extensive, „darniederliegende“ Land-
wirtschaft nicht bloß intensiviert, sondern zuallererst „wiederaufgebaut“ werden
müsse,176 erscheint die Bilanz der „Erzeugungsschlacht“ der folgenden Jahre als
glatte Niederlage. Doch die prekäre Lage hinsichtlich der Ressourcenversorgung
seit Kriegsbeginn änderte auch in den Führungsetagen des Agrarapparats die Sicht
der Dinge. Im Zusammenhang mit der „Kriegserzeugungsschlacht“ war immer
seltener von der Steigerung, sondern immer öfter von der „Aufrechterhaltung“ des
landwirtschaftlichen Produktions- und Produktivitätsniveaus die Rede.177 Gemes-
sen an dieser herabgesetzten Lattenhöhe stellt sich die Leistungsbilanz weitaus
weniger desaströs dar : Verglichen mit dem bereits verringerten Niveau von 1940,
in dem die kriegsbedingten Faktorengpässe erstmals voll auf die Agrarproduktion
durchschlugen, wurde bis 1944 die Pflanzenproduktion stabilisiert und die Tier-
produktion mit geringen Verlusten aufrechterhalten. Zudem zeigt der Regionen-
Tabelle 7.8 : Bilanz der „Kriegserzeugungsschlacht“ in Niederdonau 1939–1944
Maßstab (Index 1939 = 100) 1939 1940 1941 1942 1943 1944 Saldo
Ackerfläche (ha) 100 98 98 97 96 96 –4
Bodennutzungsintensität 100 99 99 99 99 98 –2
Pflanzenproduktion (GE) 100 78 86 79 80 79 –21
Viehbesatz (GVE) 100 96 92 92 90 92 –8
Viehintensität (GVE/ha LNF) 100 97 94 94 92 94 –6
Tierproduktion (GE) 100 89 101 91 84 77 –23
Agrarproduktion (GE) 100 81 91 83 81 78 –22
Lw. Nutzfläche (ha) 100 98 99 98 98 98 –2
Bodenproduktivität (GE/ha LNF) 100 83 92 84 83 80 –20
Arbeitskräftebestand (AK) 100 90 81 79 80 78 –22
Arbeitsproduktivität (GE/AK) 100 90 112 105 102 100 0
Arbeitskräftebestand (AKE) 100 93 86 83 84 82 –18
Arbeitsproduktivität (GE/AKE) 100 88 106 100 96 95 –5
Anmerkung : Die Umrechnung in AKE erfolgte durch Gewichtung der nichtständigen AK mit 0,33.
Die Schätzung des Arbeitskräftebestandes für 1941, 1943 und 1944 basiert auf den Hofkartendaten
der Regionen Mank, Matzen und Litschau, jene für 1940 basiert auf der Annahme konstanter Verän-
derungsraten.
Quelle : eigene Berechnungen nach ÖStZA (Hg.), Ergebnisse ; Statistische Übersichten für den
Reichsgau Niederdonau 1941–1944 ; Woermann, Leistungsmaßstäbe ; Statistisches Amt für die Reichs-
gaue der Ostmark (Hg.), Betriebe ; Reichsnährstand (Hg.), Landesbauernschaften 1941–1942, 136 f.;
NÖLA, BBK Gän sern dorf, Litschau und Mank, Hofkarten.
Schlachtfelder
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Schlachtfelder
- Untertitel
- Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
- Autor
- Ernst Langthaler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20065-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 948
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- 1. Akteure in Agrarsystemen 11
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
- 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
- Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
- 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
- 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
- 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
- 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
- 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
- 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
- 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
- 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
- 2.9 Zusammenfassung 149
- 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
- Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
- 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
- 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
- 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
- 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
- 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
- 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
- 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
- 3.8 Zusammenfassung 253
- 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
- Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
- 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
- Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
- 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
- Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
- 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
- Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
- 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
- Anmerkungen 755
- Tabellenanhang 824
- Farbabbildungsanhang 849
- Quellen- und Literaturverzeichnis 865
- Abkürzungsverzeichnis 918
- Tabellenverzeichnis 920
- Abbildungsverzeichnis 927
- Personenregister 933
- Ortsregister 934
- Sachregister 937