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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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670 Ordnung und Chaos des Marktes ches nach dem „Anschluss“. Der Agrarökonom Ludwig Löhr unternahm 1939 den Versuch, die Kosten des „Anschlusses“ für die ostmärkische Landwirtschaft zu kalkulieren (Tabelle 7.21). Zu diesem Zweck stellte er „Plus-“ und „Minus- posten“ einander gegenüber. Zu den „Plusposten“ zählten die Handelsdüngerkos- ten, die bei steigendem Verbrauch im Schnitt um vier Zehntel gesunken waren. Die Milchpreise waren durch die Senkung der Transportkosten und der Spannen des Zwischenhandels im Schnitt um einen Reichspfennig pro Liter gestiegen ; zudem fiel die vor dem „Anschluss“ geltende Produktionsbeschränkung weg. Schließlich trugen die Zuckerrübenpreise, die durch Rationalisierungsmaßnah- men in der Zuckerindustrie angehoben werden konnten, und der Wegfall der Mengenbeschränkung zur Mehrung der Einnahmen bei. Zu den „Minusposten“ gehörten die Kosten des Handelsfutters, die  – bedingt durch den Wegfall der Futtermittellizenzgebühr aus der Zeit vor dem „Anschluss“  – erheblich unter den Preisen des „Altreichs“ lagen ; die absehbare Angleichung an das reichsdeutsche Preisniveau und die Mehrkosten von Ersatzfuttermitteln für die bevorstehenden Einschränkungen an importierten Mais- und Gerstelieferungen ließen erhebliche Kostensteigerungen erwarten. Ähnlich war die Preissituation beim Getreide ; das Auslaufen der noch geltenden „Ostmarkaufschläge“ bei Weizen und Hafer, die das Gefälle zwischen ostmärkischem und reichsdeutschem Preisniveau ausglichen, war bereits voll im Gang. Bei den Kartoffelpreisen war wegen der Koppelung an den  – in der Ostmark vergleichsweise niedrigen  – Stärkegehalt eine Minde- rung eingetreten. Eine schwerwiegende Belastung entstand durch die im Schnitt 40-prozentigen Steigerungen der Landarbeitslöhne im Gefolge der „Landflucht“. An diese Zunahme wurde auch die Kalkulation der enormen Lohnansprüche der Familienangehörigen gekoppelt. Der Abzug der „Minus-“ von den „Plusposten“ ergab für Wien und Nieder- donau einen Reinertragsrückgang von knapp 62,8 Millionen Reichsmark, etwa 40 Prozent des gesamten Rückgangs in der Ostmark ; der Rückgang von 364 Reichsmark pro Betrieb lag leicht über dem Gesamtdurchschnitt von 359 Reichs- mark. Unter Ausschluss der Lohnansprüche der Familienangehörigen ergab sich ein Einkommensrückgang von 22,1 Millionen Reichsmark, rund 47 Prozent des ostmärkischen Gesamtrückgangs ; pro Betrieb betrug die Einkommensminderung 128 gegenüber insgesamt 109 Reichsmark, pro Familienarbeitskraft 52 gegenüber insgesamt 42 Reichsmark. Diese Bilanz ging von der vollständigen Angleichung der in der Ostmark noch höheren Weizen- und niedrigeren Futtermittelpreise an das „Altreich“ in absehbarer Zeit aus ; die übrigen Veränderungen waren be- reits eingetreten.205 Wenn wir dieser  – auf einigen Unwägbarkeiten beruhenden, aber im Grunde nachvollziehbaren  – Kalkulation folgen, war der Agrarsektor in Wien und Niederdonau erheblich stärker als der Durchschnitt der Ostmark
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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