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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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712 Eine grünbraune Revolution ? Dünge- und Futtermitteln, Saatgut und Maschinen. Der zweite Aufgabenbereich zielte darauf ab, mittels Betriebsberatung die bereitgestellten Ressourcen möglichst produktiv einzusetzen. Der dritte Aufgabenbereich umfasste Sanktionen gegen Farmer, die den Anweisungen der Komitees, etwa der Beteiligung an den plough- ing- up campaigns, zuwiderhandelten. Im Rahmen des National Farm Survey 1941 bis 1943 wurden alle Farmer entsprechend ihrer Managementfähigkeiten nach den Kategorien A, B und C  – für mehr als 80 Prozent, 60 bis 80 Prozent oder weniger als 60 Prozent der potenziellen Produktionsleistung  – bewertet. Die Vergleich- barkeit der Ergebnisse war nicht nur zwischen einzelnen Grafschaften erschwert ; auch innerhalb desselben Gebiets wurden Besitzer/-innen größerer Farmen oder von Betrieben in Gunstlagen tendenziell besser beurteilt als kleinere Farmer oder Betriebsbesitzer/-innen in Ungunstlagen. Zudem verzerrten persönliche Bezie- hungen zwischen Erhebungsorganen und Farmern wie Verwandt-, Freund- und Nachbarschaft die Beurteilungen.66 Überzogene Machtansprüche von Komiteemitgliedern und das vielen Farmern eigene Autonomiestreben schürten alltägliche Konflikte, die die WAEC durch Sanktionen zu lösen trachteten.67 Das umstrittenste Sanktionsinstrument bildete der Räumungsbefehl (eviction order), der Pachtverhältnisse vorzeitig beendete und Betriebseigentümer zur Abtretung ihres Landes, manchmal auch ihrer Farmge- bäude zwang. Obwohl diese Zwangsmaßnahme nur eine Minderheit der Farmer traf, erzielte die zunehmende Anwendung  – samt damit verbundener Polizeiüber- griffe und Selbsttötungen – in der Mehrheit eine abschreckende Wirkung. Dane- ben verfügten die Komitees über weitere negative und positive Sanktionen, die vom Vorenthalt von Geldleistungen bis zur Vergabe knapper Ressourcen reichten.68 Die von Sanktionen der WAEC betroffenen Farmer fanden weder vor Gericht noch in den Massenmedien Gehör. Beistand gewährte die National Farmers Union, die jedoch eine ambivalente Rolle zwischen agrarischer Interessenvertretung und staatlichem Hilfsorgan spielte. Oppositionelle Strömungen wurden in Protestorga- nisationen wie der Farmers’ Rights Association und der Farmers and Smallholders Association kanalisiert.69 Den Aufgabenbereich der britischen WAEC übernahmen im Deutschen Reich überwiegend die 1938 auch in der Ostmark eingerichteten Unterorganisationen des Reichsnährstands, die Landes-, Kreis- und Ortsbauernschaften mit jeweils einem ehrenamtlichen „Bauernführer“ an der Spitze. Anders als die Ortsbauern- schaften verfügten die Kreis- und Landesbauernschaften über einen Stab ange- stellter Mitarbeiter/-innen, die in drei Hauptabteilungen  – „Der Mensch“ zur ideologischen Mobilisierung, „Der Hof“ zur fachlichen Schulung und „Der Markt“ zur Bewirtschaftung der Erzeugnisse  – organisiert waren. Die Kreis- und Ortsbau- ernschaften waren keine bloßen Befehlsempfänger gegenüber übergeordneten Ins-
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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