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40 furcht und Bruderliebe, Kaiser Franz Joseph, Wahrheit und
Kraft“.91
Der zweite Programmentwurf ist, wie alle
Programm-entwürfe,
nicht datiert; aus dem Schreiben von
Kupel-wieser
an Kübeck vom 8. Jänner 1848 geht allerdings
hervor, dass die einzelnen Bildthemen wahrscheinlich
um die Jahreswende 1847/48 festgelegt wurden und
nicht mehr verändert werden sollten. Im Schreiben vom
12. März 1848 werden die Titel der einzelnen zu
malen-den
Wandbilder aufgelistet und zu jedem Bild der Preis
festgelegt.92 Das Honorar betrug für die beiden schmalen
Friese an der Decke je 300 Gulden, für die vier kleineren
Deckengemälde je 500 Gulden, für die Wandgemälde in
den Zwickel-Feldern je 900 Gulden, für die großen
Wandgemälde je 1200 Gulden und für die
Austria-Alle-gorie
2000 Gulden. Daraus ergibt sich ein
Gesamthono-rar
von 13 000 Gulden Wiener Konventionsmünze.93 In
dieser Aufzählung fehlen die Herrscherporträts und die
dazugehörigen Allegorien in den Fensterzwickeln, deren
Inhalte erst im dritten Programmentwurf festgelegt
wur-den.Nachdem
im dritten Programmentwurf ein Porträt
Franz Josephs in das Bildprogramm aufgenommen wurde,
muss der Text nach dem 2. Dezember 1848
(Thronbestei-gung
Franz Josephs) verfasst worden sein. Wahrscheinlich
ist er an den Beginn des Jahres 1849 zu datieren, da
Kupelwieser in der Überschrift von den Fresko-Gemälden
in der „ehemals nied. öst. Regierung“ spricht. Die
Umwandlung der „niederösterreichischen Regierung“ in
die „Statthalterei“ erfolgte am 1. Jänner 1849. Somit traf
Kupelwieser offenbar die Auswahl der einzelnen zu
por-trätierenden
Herrscher erst fast ein Jahr nach Beginn der
Fresko-Arbeiten im Marmorsaal.
Die Aquarellentwürfe
Kupelwieser fertigte im Laufe seiner Vorarbeiten zu dem
Statthalterei-Zyklus zehn Aquarellentwürfe an, die sich
heute zum Teil am Niederösterreichischen
Landes-museum,
zum Teil in privatem Besitz befinden.94
Das II Albrecht I. erhält das Lehen Österreich von Rudolph I
in Augsburg, das Vorrecht der österr. Herzöge seit Heinrich
Jasomirgott, das Lehen zu Pferde zu nehmen, ist auf dem
Bilde angebracht, der Kaiser sitzt auf dem Platze vor dem
Rathause in Augsburg dessen Strasse durch die alten Häuser
noch heute dieselben Umrisse zeigt.
4 größere Gemälde in den Ecken des Saales enthalten
Gegenstände welche in die neue Zeit hereinreichen an der
einen Wand I der Kampf gegen die Türken II der Kampf
gegen die
Franzosen.Die
ganze Periode der Türkenkriege ist zusammengezogen
und die Helden dieser Kämpfe die weichenden Türken ver
folgend ausgeführt, Salm tritt voran dem Starhemberg und
Eugen in dem Teile welcher um das Eck biegt ist der Bischof
Colonitz welcher im verlassenen Türkenlager die Kinder der
erschlagenen Christen sammelt, im Hintergrunde ist Wien
im Kampf und Sturm aus der Periode der Belagerung 1683.
Im Kampfe gegen die Franzosen ist Eh Karl der hervorleuch
tende allein stehende Held, er ist vorgestellt Fahne und
Schwert hoch erhebend die Truppe zum Sieg führend. Auf der
entgegen gesetzten Seite sind zwei in Form und Größe gleiche
Bilder, das eine das Aufgebot 1797. Bürger und Studenten
sich in Begeisterung um Österreichs Banner sammelnd auf
dem zweiten ist der Kongress von
1815.“90Der
zweite Programmentwurf geht sehr genau auf die
einzelnen Bildthemen und ihre geschichtlichen
Hinter-gründe
ein, im dritten Programmentwurf werden die
Gegenstände nur knapp zusammengefasst aufgeführt.
Dafür werden wie erwähnt erst im dritten
Programment-wurf
die Motive für die bogenförmigen Bildfelder über
Fenster und Türen genau festgelegt:
„In den 8 kleinen Fenster und Türblenden für Medaillons
und Portraits, und allegorische Figuren als verzierende
Umgebung. In den drei ersten sind Rudolf, M[aria] Theresia
und Max I. als beigegebene Figuren sind bei Rudolf ein
Knabe welcher die Kaiserkrone trägt ein zweiter trägt Szep
ter und Kruzifix / bezieht sich auf die Belehnung mit dem
Kruzifix / bei Theresia ist Gerechtigkeit und Caritas bei
Max I. Wahrheit und Sieg. Theresia gegenüber ist Joseph als
Nebenfiguren Fleiß und Eifer, neben ihm Albrecht II. die eine
Figur reicht Waffen und Lorbeer, auf seine Siege gegen die
Hussiten, der Knabe bringt ihm die ungarische und böhmi
sche Krone erheiratet durch die Ehe mit Elisabeth, Tochter
Sigmunds von Luxemburg. Gegenüber ist Ferdinand II. eine
Figur trägt ein entrolltes Band darauf die ihm gewordene
Tröstung non te deseram mit roten Buchstaben, die andere
männliche Figur umgürtet mit dem Schwerte trägt eine Kelle,
entlehnt aus dem Prophet Jeremias, ,Ihr sollt beim Tempel
baue mit dem Schwerte gegürtet sein.‘ Ober den zwei gegen
über stehenden Türen Kaiser Ferdinand, Beifiguren, Gottes 90 Programmentwurf II, siehe Anhang.
91 Programmentwurf III, siehe Anhang.
92 Niederösterreichisches Landesarchiv, Varia 8/1, Schriftstück 571
848/1054 B.C.; 12. März 1848; Gez.
Kübeck.93
Der Wert eines Gulden Konventionsmünze betrug 1840 das
2,5fache von dem eines Gulden Wiener Währung.
94 Wahrscheinlich bezieht sich der Eintrag in Kupelwiesers
Nachlass-Verzeichnis
„Eine Austria, 7 1/2” hoch und 7 1/2” breit“ und „Zehn
Plafond Bilder aus dem k.k. Statthalterei Sitzungssaale in Wien, 9” hoch
und 13” breit“ auf jene Aquarellstudien. Zit. nach: Feuchtmüller
(1970) p. 216.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Autor
- Sigrid Eyb-Green
- Verlag
- Bibliothek der Provinz
- Ort
- Weitra
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Abmessungen
- 24.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 312
- Schlagwörter
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306