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244 Pläne für den Umbau beinhalteten auch die „Hauptan
ordnung des Plafonds der Decke des kleineren, ebenfalls frei
gewordenen Saales, welcher an den großen Saal angrenzt“.
1868 erinnerte Carl Roesner in einem Schreiben an die
k. k. Central-Commission an seine Zeichnungen, die
offenbar bis zu diesem Zeitpunkt nicht umgesetzt worden
waren.850 Im April 1868 wurden die Entwürfe Roesners
dem dortigen Archiv mit dem Zusatz, sie bei „einer sich
künftig bietenden Gelegenheit benutzen zu wollen“,
über-geben.851
Ob es letztendlich zu einer Ausführung der
Pläne kam, geht aus den Akten nicht hervor.
Allerdings ist in diesen Schriftstücken vom Palais des
Prinz Eugen in der Himmelpfortgasse 8 als Sitz des
Finanzministeriums die Rede, das mit dem Palais
Questen-berg-Kaunitz
durch einen gemeinsamen Hof verbunden
ist. Die Schriftstücke befinden sich jedoch im Archiv des
Österreichischen Bundesdenkmalamtes in den Akten zu
dem Gebäude Johannesgasse 5 – 5a. In welchem der
bei-den
Palais die Umbauarbeiten also geplant waren, ist
deshalb nicht eindeutig feststellbar. Beide Palais waren
ab dem Jahr 1848 Sitz des Finanzministeriums, in der
Literatur werden für keines der beiden Bauwerke bauliche
Maßnahmen in den betreffenden Jahren erwähnt.852
Erst in der Dokumentation der Umbauarbeiten im
Palais Questenberg-Kaunitz im Jahr 1940 finden sich
genauere Aufzeichnungen zu den Kartons, die an der
Decke eines Salons im zweiten Stock des Palais montiert
waren.853 Die Kartons wurden dabei so arrangiert, dass
sie zusammen ein durchgehendes „Deckengemälde“
erga-ben.
Die Kartons waren somit nicht „Stellvertreter“ für
fehlende oder noch nicht vollständig ausgeführte
Fres-ken,
wie etwa im Fall der Cornelius-Kartons im Münchner
Odeon-Theater854, sondern eigenständige Kunstwerke, die
auch unabhängig von ihrer farbigen Ausgestaltung als
Fresko wirken konnten.
Die Kartons dürften sich folglich von der Mitte des
19. Jahrhunderts bis zum August 1940 an der Decke eines
Salons in der Beletage des Palais Questenberg-Kaunitz
befunden haben.
Durch die hellbraune Färbung konnten einerseits die
Papiertöne der neun Kartons aneinander angeglichen
werden, andererseits konnte ein Übergang zwischen dem
im Nachhinein angefügten Papier und dem übrigen
Kar-ton
geschaffen werden – wie es bei den dreieckigen
Zwi-ckelkartons
zu den Herrscherporträts oder bei den
ange-setzten
Ecken im Karton Die gekrönte Austria der Fall ist.
Nicht zuletzt könnte auch der Eindruck eines
„Galerie-tons“,
der durch die Tönung des Papiers entsteht,
durch-aus
beabsichtigt gewesen und im Sinne einer Aufwertung
der Kohlezeichnung verstanden worden sein. Diese
Wir-kung
der Kartons als eigenständige Gemälde wird noch
durch die aufgemalten, rot-gold-braunen Zierränder
ver-stärkt.
Die Kaschierung der Kartons auf Leinwand ermöglichte
eine Montage an der Decke, ohne durch mechanische
Beanspruchung Risse oder Löcher im Papier zu
verur-sachen.
Die neun Kartons zu den fünf Hauptgemälden der
Decke und zu vier Herrscherporträts wurden vermutlich
bald nach ihrer Fertigstellung im Palais
Questenberg-Kaunitz,
dem ehemaligen Sitz des Finanzministeriums,
ohne Verglasung oder Spannrahmen direkt an der Decke
hinter Zierrahmen montiert.
Die Präsentation der Kartons an der Decke
des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des
19. Jahrhunderts bis 1940 und die Situation
danach: Dokumentation und Aktenvermerke
Der Zeitpunkt, an dem die Kartons auf einer
wahrschein-lich
zu diesem Zweck eingezogenen Holzdecke in einem
der Salons der Beletage im Palais Questenberg-Kaunitz
montiert wurden, lässt sich nicht mit Sicherheit
feststel-len.
Im Jahr 1848 wurde das Finanzministerium im Palais
Questenberg-Kaunitz untergebracht, das 1810 vom Staat
für die allgemeine Hofkammer angekauft worden war.
Möglicherweise folgten dieser Nutzungsänderung des
Palais Umbauarbeiten im zweiten Stock, die auch die
Gestaltung der Decke mit Kupelwiesers Kartons
beinhal-tet
haben könnten. Schriftliche Aufzeichnungen über die
Baugeschichte des Gebäudes Johannesgasse 5 – 5a
fin-den
sich in den topographischen Akten des
Österreichi-schen
Bundesdenkmalamtes erst ab dem Jahr 1864.849 In
diesem Jahr reichte der Architekt Carl Roesner im Auftrag
der Central-Commission Pläne zum Umbau des Großen
Saales im Gebäude des Finanzministeriums ein. Carl
Roesner war mit Leopold Kupelwieser gut bekannt, eine
geplante Verwendung der Kartons seines Freundes als
Ausstattungselement für einen Salon wäre denkbar. Die 849 Archiv des Österreichischen Bundesdenkmalamtes,
Topographi-sche
Akte Gebäude Johannesgasse 5 – 5a, Zl 63K 45 zu Zahl 1645
Dsch 40, Entwurf eines Schriftstücks vom 28. 3. (?)
1864.850
Ebd. Brief vom 26. Februar
1868.851
Ebd. Schriftstück vom 8. April
1868.852
Dehio-Handbuch Wien I. Bezirk (2007) p. 553 –
562.853
Archiv des Österreichischen Bundesdenkmalamtes,
Topographi-sche
Akte Gebäude Johannesgasse 5 – 5a, Zl 63K 45 zu Zahl 1645
Dsch 40, Skizze der Decke im Raum
80.854
Droste (1980) 2. Bd., p. 42.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Autor
- Sigrid Eyb-Green
- Verlag
- Bibliothek der Provinz
- Ort
- Weitra
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Abmessungen
- 24.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 312
- Schlagwörter
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306