Seite - 257 - in Das zusammengedrängte Gedenken
Bild der Seite - 257 -
Text der Seite - 257 -
257
weiterhin im Depot des Niederösterreichischen
Landes-museums
aufbewahrt wird.
In den 1980er Jahren wurden schließlich beide Teile
des Kartons Die Türkenkriege unter Otto Wächter an der
Akademie der bildenden Künste Wien restauriert.901
zwei Hartfaserplatten, auf denen die beiden Kartons auch
nach der Ausstellung, in Folien verpackt, gelagert
wur-den.
Auch der Karton zu dem Deckengemälde Odoaker
vor dem heiligen Severin wurde im Schloss Grafenegg
ausgestellt und wahrscheinlich zu diesem Anlass in
einen verglasten Zier rahmen montiert900, in dem er auch
Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde
in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur
Die Papierbahn
Die Herstellung der Kartons selbst hatte sich bezüglich der
Materialien und Vorgangsweise seit Beginn des 16.
Jahr-hunderts
nicht wesentlich verändert. Vasari beschreibt um
1500 die Herstellung einer großen Papierbahn durch
Zusammensetzen einzelner Bögen mit Stärke
kleister:
„The cartoons are made thus: sheets of paper, I mean square
sheets, are fastened together with paste made of flour and
water cooked on the fire.“
902Um
die Wellen im Papier, die bei der beschriebenen
Vor-gangsweise
im Bereich der Klebestellen beim Trocknen
des Kleisters entstehen, zu glätten, war es üblich, die
gesamte Papierbahn mit Klebstoff entlang der Ränder an
einer Wand zu fixieren und zu befeuchten; beim Trocknen
spannte sich das Papier aus und wurde dadurch geglättet.
„They are attached to the wall by this paste, which is spread
two fingers’ breadth all round on the side next the wall, and
are damped all over by sprinkling cold water on them. In
this moist state they are stretched so that the creases are
smoothed out in the
drying.“903Das
Glätten von Papier durch Fixieren der Ränder,
Befeuchten und das anschließende Trocknen beschreibt
auch Bonnardot zum Aufkaschieren von Kupferstichen.
Dazu wird zunächst das Kaschierpapier befeuchtet und
an den Rändern auf einer Arbeitsfläche fixiert.
„Man breitet es [das Kaschierpapier, Anm.] auf einem ganz
sauberen Tische aus und befeuchtet es auf beiden Seiten
mittelt eines Schwammes; alsdann trägt man auf seine Rän
der in einer Breite von 2 oder 3 Centimeter auf der Seite,
welche die linke bilden soll, eine Schicht dicken Kleister auf,
oder, wenn man es vorzieht, (bloß für diesen Fall), Leimgal
lerte auf. […] Es handelt sich jetzt darum, dieses Blatt mit
den Rändern an dem hölzernen Grunde […] zu befestigen,
auf welchem man es sich spannen und trocknen lässt.“904 Durch das Fixieren der feuchten Bögen an den Rändern
spannt sich das Papier beim Trocknen, und es können
keine Falten
entstehen.„Wenn
der Kupferstich trocken geworden ist, so werden bei
diesem Verfahren die Runzeln und die Falten vollständig ver
tilgt
sein.“905Bis
die Produktion von maschinell hergestelltem Papier
an Bedeutung gewann – also etwa zu Beginn der 1840er
Jahre –, war es für Künstler unumgänglich, die
Papier-bahnen,
die sie für ihre großformatigen Kartons
brauch-ten,
aus einzelnen Bögen zusammenzusetzen. Die
Vor-gangsweise
dabei war offenbar so selbstverständlich, dass
sie im Allgemeinen in der technologischen Literatur und
auch in anderen Quellen wie Briefen oder Journalen von
Künstlern nicht beschrieben oder erwähnt wird.
Eine Ausnahme bildet ein Text von Peter Cornelius,
der anlässlich eines Besuches des Künstlers im September
1841 in London entstand. Cornelius sollte ein Gutachten
über die Ausschmückung der Parlamentsgebäude in
Lon-don
verfassen und beschrieb bei dieser Gelegenheit sehr
genau die Vorgangsweise bei der Freskomalerei, die er in
der Münchner Akademie lehrte und selber anwendete.
Seine Angaben zu den Vorbereitungsarbeiten und tech-
900 Ebd. p. 14 (Kat. Nr.
16).901
Der Karton Die Türkenkriege ist unter der Inventarnummer 772 a
und b verzeichnet. Es wird daher vermutet, dass der Karton – zu
einem unbestimmten Zeitpunkt – ebenso wie der Karton Der
Kongress zu Wien 1814 in zwei Teile zerschnitten worden war. In
dem Verzeichnis der Kartons von 1942 wird der Karton noch
unter einer Inventarnummer angeführt, wahrscheinlich wurde
er erst danach geteilt. Hinweis zur Restaurierung durch Otto
Wächter im Kupelwieser-Archiv des Niederösterreichischen
Landesmu
seums.902
Brown (1960) p. 213.
903 Ebd. p. 213.
904 Bonnardot (1859) p.
71.905
Ebd. p. 71.
zurück zum
Buch Das zusammengedrängte Gedenken"
Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Das zusammengedrängte Gedenken
- Autor
- Sigrid Eyb-Green
- Verlag
- Bibliothek der Provinz
- Ort
- Weitra
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-99028-075-1
- Abmessungen
- 24.0 x 27.0 cm
- Seiten
- 312
- Schlagwörter
- Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 13
- Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
- Die Genese des Bildprogramms 19
- Erster Programmentwurf 19
- Der zweite Gesamtentwurf 35
- Zweiter und dritter Programmentwurf 39
- Die Aquarellentwürfe 40
- Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
- Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
- Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
- Die gekrönte Austria 47
- Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
- LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
- Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
- Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
- Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
- Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
- Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
- Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
- Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
- Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
- Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
- Die Aufgebote von 1797 125
- Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
- Der Kongress zu Wien 1814 137
- Einleitungzu den Herrscherporträts 143
- Rudolf I 144
- MariaTheresia 148
- Maximilian I 151
- Joseph II 154
- Albrecht II 156
- Ferdinand II 158
- Ferdinand I. der Gütige 161
- Franz Joseph I 164
- Rezensionen 166
- Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
- Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
- Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
- Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
- Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
- Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
- Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
- Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
- Zur Herstellung der Kartons 220
- Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
- Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
- Die Kartons zu den Allegorien 225
- Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
- Die Kartons zu den beiden Friesen 234
- Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
- Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
- Übergabe aller Kartons 249
- Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
- Ausstellungen der Kartons 252
- Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
- Die Papierbahn 257
- Die Zeichnung 260
- Die Fixierung 263
- Die Übertragung an die Wand 265
- Die Fresko-Probetafeln 267
- Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
- Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
- Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
- Transparentpapiere 276
- Papiere für die Kartons 279
- Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
- Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
- Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
- Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
- Literaturverzeichnis 301
- Quellenverzeichnis 305
- Personenregister 306