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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
Seite - 143 -
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143 „Bei dem Eintritte in den Saal erblickt man zuerst die drei hervorleuchtendsten Gestalten des Habsburgischen Erzhau­ ses, Rudolf I., Maria Theresia und Maximilian I. […].“497Der Eintretende nahm zunächst das Porträt Maria The-resias wahr, deren mütterliche Fürsorge allen ihren Unter-tanen galt, man begab sich also beim Betreten des Saales gleichsam in die Obhut des sorgend bemühten Staates.Umgekehrt blickte der Präsident der Niederösterrei-chischen Statthalterei, der mit dem Rücken zu der Fens-terreihe, der großen Eingangstüre zugewandt, in der Mitte des Raumes zu sitzen kam, geradewegs auf Kaiser Joseph II. und die ihm beigegebenen allegorischen Figu-ren des Eifers und der Betriebsamkeit. Joseph II., der mit Hilfe der unter ihm ausgebauten Bürokratie die Verwal-tung der habsburgischen Länder zentralisierte und zugleich gerne als Menschenfreund und unermüdlicher Helfer der Armen oder Kranken dargestellt wurde, könnte zusammen mit den allegorischen Figuren dem amtieren-den Präsidenten der Statthalterei und seinen Beamten als ständiges Vorbild vor Augen geführt worden sein. Die den Herrscherporträts beigegebenen Figuren stehen direkt in der barocken Tradition der Personifika-tionen, wie sie Cesare Ripa in seinem Werk Iconologia darstellte und klassifizierte. In der Bibliothek der Akade-mie befindet sich eine illustrierte Ausgabe der Iconolo­ gia aus dem Jahr 1764, die Kupelwieser mit großer Wahr-scheinlichkeit zugänglich war.498 Einleitung zu den Herrscherporträts Die acht Stichkappenfelder sind mit Porträts habsburgi-scher Herrscher geschmückt, denen jeweils zwei allego-rische Figuren beigefügt sind, welche auf die herausra-genden Herrschertugenden des dargestellten Regenten verweisen. Dabei wird ein Tugend-Kanon entwickelt, dessen übersichtliches Schema eine Strukturierung und Rhythmisierung der Geschichte erleichtert.494 Es han-delt sich dabei nicht um eine Porträtsammlung im Sinne einer Ahnengalerie, denn die Aufreihung der Herrscher ist weder vollständig noch chronologisch; vielmehr soll hier durch herausragende Persönlichkeiten der Habs-burgerdynastie in Verbindung mit den Personifikationen der Tugenden noch einmal der Hauptgedanke des Zyklus verdeutlicht werden, nämlich dass „jede Regenten Tugend in ihrer schönsten Verherrlichung durch einen höhe­ ren Segen zu allen Zeiten in Österreich zu finden ist“.495Die Herrscherporträts können in drei Gruppen geteilt werden: die drei zentralen Figuren österreichischer Geschichte, Rudolf I., Maximilian I. und Maria Theresia, ihnen gegenüber Albrecht II., Joseph II. und Ferdinand II., und an den Schmalseiten des Raumes über den Türen Ferdinand I. der Gütige und Franz Joseph I., in deren Regierungszeiten der Bau und die künstlerische Ausstat-tung der Niederösterreichischen Statthalterei fiel. Möglicherweise bezog Leopold Kupelwieser bei der Anordnung der einzelnen Porträts innerhalb des Zyklus die jeweiligen Positionen und möglichen Blickachsen der Benutzer des Raumes in seine Planung ein.496 Schon im Erläuterungstext aus dem Jahr 1851 heißt es diesbe-züglich: 494 Zum Kanon herrscherlicher Tugenden vgl: Telesko (2006) p. 35f.495 Programmentwurf I, siehe Anhang. 496 Dankenswerter Hinweis von Martin Pammer (Österreichisches Außenministerium). 497 Die al Fresco­ Malereien im Saale der k. k. Statthalterei zu Wien, aus­ geführt von Kupelwieser. Wien, Verlag Keck und Pierer, nicht datiert, um 1851. Bibliothek der Akademie der bildenden Künste Wien, Inv. Nr. 1777 C.498 Cesare Ripa: Iconologia. 5 Bde., Bibliothek der Akademie der bildenden Künste, Inv. Nr. 3618. Die niedrige Inventarnummer verweist darauf, dass das Werk schon sehr früh für die Bibliothek der Akademie der bildenden Künste erworben worden war.
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Das zusammengedrängte Gedenken
Autor
Sigrid Eyb-Green
Verlag
Bibliothek der Provinz
Ort
Weitra
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Abmessungen
24.0 x 27.0 cm
Seiten
312
Schlagwörter
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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