Seite - 144 - in Das zusammengedrängte Gedenken

144 den zeitgenössischen Berichten über Rudolfs Aussehen entspricht, begründete im 19. Jahrhundert eine Darstel-lungstradition der Herrschers mit schmalem, langem, bartlosem Antlitz voller Falten und kinnlangem Haar. Die Krone, die Rudolf in der Darstellung auf der Spey-rer Grabplatte auf dem Haupt trägt, war ursprünglich eine flache Reifenkrone, auf deren oberem Rand Lilien und dreieckige Spitzen miteinander abwechselten. Auf der im Auftrag Maximilians I. hergestellten Kopie der Grabplatte von Hans Knoderer, die um 1508 entstanden war und sich seit dem frühen 19. Jahrhundert als Teil der Ambraser Sammlung in der kaiserlichen Gemäldesamm-lung im Belvedere befand499, ist noch deutlich die ursprüngliche königliche Reifenkrone mit Lilienorna-mentik erkennbar; dieser Kronentypus begegnet bei fran-zösischen Königskronen des 13. Jahrhunderts, etwa in Rudolf I. Abb. 227: „Rudolf I.; dazu: Knabe mit deutscher Kaiserkrone und Knabe mit Zepter und Kreuz“; Fresko; Marmorsaal (Gebäude der Niederösterreichischen Statthalterei). Erläuterungstext: „Kaiser [sic!] Rudolf I von Habsburg (1218 – 1291). Ihm zur Seite zwei Knaben, der eine trägt die deutsche Kaiserkrone und der zweite Zepter und Kruzifix.“ Leopold Kupelwieser nahm in seinem Porträt Rudolfs I. deutlich Bezug auf die ganzfigurige Darstellung des Herr-schers, die sich auf der Grabplatte in Speyer befindet. Die Wiederentdeckung der Grabplatte im Johanniterhof in Speyer 1811 erregte großes Aufsehen; 1815 wurde sie anlässlich eines Besuches Kaiser Franz’ I. provisorisch auf das Grab Rudolfs gelegt, dann aber in der Antikenhalle ausgestellt. Die Platte zeigt den König in knöchellangem Gewand, auf der Brust ein Wappenschild mit Reichsadler, darüber einen Mantel mit dem habsburgischen Löwen-wappen tragend. Die bemerkenswert realistische und individualisierte Darstellung, die in allen Einzelheiten