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Kunst und Kultur
Das zusammengedrängte Gedenken
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43 dringung, seiner Symmetrie und den vielfältigen Bezügen barocken Traditionen verpflichtet. Vor allem die Organi-sation der Decke durch eine zentrale allegorische Dar-stellung, deren Aspekte in den umgebenden Bildfeldern gleichsam in historische Momente übersetzt werden, erinnert etwa an das Ordnungsprinzip in Cesare Ripas Iconologia, in dem Personifizierung und szenische Inter-pretation im Sinne einer möglichst komplexen Erfassung des Begriffs stets einander gegenübergestellt werden. Möglicherweise sollten daher Vorbilder zu Kupelwiesers Bildprogramm entsprechend auch in Werken des Barock gesucht werden. Hier bietet sich ein Vergleich mit dem Kuppelfresko des Kaisersaales im Stift Klosterneuburg von Daniel Gran aus dem Jahr 1749 an. Nicht nur in der Rhythmisierung der dargestellten Ereignisse, auch in der Wahl der einzel-nen Bildthemen lassen sich auffallende Ähnlichkeiten besonders zwischen den frühen Entwürfen Kupelwiesers und den Klosterneuburger Fresken feststellen, die Kupel-wieser gut gekannt haben muss, da er enge Kontakte zu dem Stift pflegte.110 Daniel Gran erstellte das historische Programm für das Kaisersaal-Fresko selbst, wobei er als Hauptquelle den Österreichischen Ehrenspiegel111 angibt. Sein Inhalt trägt der besonderen Stellung, die das Stift in der Geschichte Österreichs und seiner Herrscherhäuser innehatte, Rechnung. Auch hier dominiert nicht eine Herrscherfigur, sondern eine Reihe von Regenten. „Meine […] meinung wäre, dass in diesem saal sich ein solches concept zum besten schicken würde, welches nicht auf eine person allein alludieren täte, sondern so wohl auf die gewesenen, als gegenwärtigen und zukünftigen regenten in Österreich kunnte ausgelegt werden. Wollte also vorstel­ len: Die glorie und majestät des hauses von Österreich, in Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick Leopold Kupelwieser gliederte die flächige Wölbung der Decke in sieben regelmäßig angeordnete Bildfelder, ein Schema, das auf die italienische Kunst des 14. und 15. Jahrhunderts zurückgeht und das auch die Gruppe der Nazarener bei der Ausstattung des Casino Massimo106 in Rom wieder aufgriffen.107 Die Aufteilung der Decke im Marmorsaal entspricht zu großen Teilen der von Julius Schnorr von Carolsfeld gestalteten Decke im Ariost-Saal des Casino Massimo. Dabei verzichtete Kupelwieser auf Raumillusionen und reihte seine Bilder, durch architek-tonisch-ornamentale Rahmung voneinander getrennt, kaleidoskopartig aneinander. Jede Darstellung ist eine in sich geschlossene eigenräumliche Illusion, Eckhart Vancsa vergleicht sie mit einzelnen „Fenstern“, die Aus-blicke schaffen auf Szenerien, die gleichsam „hinter der realen Architektur“ liegen.108Das ikonographische Programm des Zyklus ist ein komplexes System von Darstellungen, die in vielschichti-ger Weise miteinander in Beziehung stehen. Damit unter-scheidet es sich wesentlich von den drei großen, in Deutschland entstandenen Ausstattungszyklen. Wenngleich in den einzelnen Kompositionen eine gewisse Nähe zu den Wandgemälden in den Kaisersälen der Münchner Residenz von Schnorr von Carolsfeld besteht, legte Kupelwieser sein Bildprogramm doch grundlegend anders an. Während sowohl die Gemälde in den Kaisersälen der Münchner Residenz als auch die Karlsfresken Rethels im Aachener Rathaus thematisch um Rudolf I., Kaiser Friedrich Barbarossa und Karl den Gro-ßen angeordnet sind, beschränkte Kupelwieser seine Dar-stellung der Geschichte des Landes nicht auf die Taten einzelner Herrscher. Sein Zyklus umfasst nicht nur einen wesentlich größeren Zeitraum, er erweiterte das Spektrum auch auf Persönlichkeiten aus der Geschichte des Chris-tentums, auf Heerführer, Politiker und sogar einfache Bürger, deren wichtige Rolle und vorbildliches Verhalten in den Programmentwürfen mehrfach betont werden. Nicht zuletzt unterscheidet die Ordnung und Deu-tung des historischen Geschehens nach „geistig­ histori­ schen Prinzipien“109 durch allegorische Darstellungen die Statthalterei-Fresken von der chronologischen Aufrei-hung der einzelnen geschichtlichen Ereignisse bei den Münchner Hofgartenarkaden. Im Vergleich dazu erscheint Kupelwiesers Programm in seiner allegorischen Durch- 106 Kupelwieser sah die noch in Entstehung begriffenen Fresko-arbeiten im Casino Massimo bei seinem Rom-Aufenthalt 1824.107 Das Ausstattungs-Schema des Ariost-Saales geht seinerseits auf Raffaels Sala del Psiche in der Farnesina in Rom zurück, vgl.: Gerstenberg; Rave (1934) p. 89.108 Vansca (1973) p. 155.109 Feuchtmüller (1970) p. 230.110 Neben zahlreichen Aufenthalten kam es auch zu zwei größeren Aufträgen: 1833 schuf Kupelwieser ein neues Hochaltar-Bild für die Stiftskirche, 1847 gestaltete er die Altarwand der von Roesner geplanten Friedhofskapelle in Klosterneuburg mit dem Fresko Das Letzte Gericht. Nicht zuletzt durch die enge Freundschaft mit dem Architekten Carl Roesner, dessen Bruder Ambros Chorherr in Klosterneuburg war, war Kupelwieser dem Stift eng verbunden.111 Fugger (1668).
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Das zusammengedrängte Gedenken
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Das zusammengedrängte Gedenken
Autor
Sigrid Eyb-Green
Verlag
Bibliothek der Provinz
Ort
Weitra
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-99028-075-1
Abmessungen
24.0 x 27.0 cm
Seiten
312
Schlagwörter
Leopold Kupelwieser, Freskenzyklus, Geschichtsdarstellung, 19. Jahrhundert, Werkprozess, Karton, Fresko, Papier, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 13
  2. Zur Baugeschichte der Niederösterreichischen Statthalterei 15
  3. Die Genese des Bildprogramms 19
  4. Erster Programmentwurf 19
  5. Der zweite Gesamtentwurf 35
  6. Zweiter und dritter Programmentwurf 39
  7. Die Aquarellentwürfe 40
  8. Der Freskenzyklus Einleitung und Überblick 43
  9. Zu den schriftlichen und bildlichen Quellen Leopold Kupelwiesers 45
  10. Die einzelnen Bildfelder: Bezüge, Quellen, Intentionen 47
  11. Die gekrönte Austria 47
  12. Odoakervor dem heiligen Severin (465 – 470) 56
  13. LeopoldI. stürmt Melk (984) 63
  14. Die drei Erbauer der St. Stephanskirche 68
  15. Die Gründung der Universität Wien durch Rudolf IV. (1364) 77
  16. Kaiser Marc Aurel: Markomannenschlacht und Tod 81
  17. Zug Karls des Großen gegen die Hunnawaren 85
  18. Leopold erhält von Otto II. die Ostmark zum Lehen 90
  19. Rudolf I. verleiht die Lehen an Albrecht I 95
  20. Das öffentliche Gericht zu Tulln (1200) 100
  21. Ferdinand I. setzt 1540 die niederösterreichische Regierung ein 109
  22. Die Türkenkriege der Jahre 1529, 1683 und 1697 116
  23. Die Aufgebote von 1797 125
  24. Erzherzog Karl in der Schlacht von Aspern 132
  25. Der Kongress zu Wien 1814 137
  26. Einleitungzu den Herrscherporträts 143
  27. Rudolf I 144
  28. MariaTheresia 148
  29. Maximilian I 151
  30. Joseph II 154
  31. Albrecht II 156
  32. Ferdinand II 158
  33. Ferdinand I. der Gütige 161
  34. Franz Joseph I 164
  35. Rezensionen 166
  36. Fresko und Karton als Formen öffentlicher Kunst Das Fresko: zur Konstruktion eines Gattungsbegriffs 167
  37. Die Praxis nazarenischer Wandmalerei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Technik und Stil 168
  38. Öffentliche Kunst im Spannungsfeld zwischen Auftraggeber und Publikum 174
  39. Formen der Öffentlichkeit: Leopold Kupelwieser und die Situation der Geschichtsmalerei in Österreich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 175
  40. Leopold Kupelwiesers Statthalterei-Zyklus und Entwurf einer Geschichtshalle: österreichische Identitäten und ihre Inszenierungen 188
  41. Zum Problem der „geschichtlichen Wahrheit“ in der Geschichtsmalerei 199
  42. Kupelwiesers Statthalterei-Kartons im Kontext nazarenischer Kartonkunst: „Vom Wesen des Kunstwerks“ 201
  43. Materialtechnologische Aspekte Der Arbeitsprozess im Überblick: Kartonzeichnungen, Probetafeln und Freskoarbeiten 215
  44. Zur Herstellung der Kartons 220
  45. Die Kartons zu den fünf Hauptgemälden der Decke 220
  46. Fünf Kartons zu Herrscherporträts: Rudolf I., Maximilian I., Ferdinand II., Maria Theresia und Joseph II 224
  47. Die Kartons zu den Allegorien 225
  48. Die Kartons zu den historischen Gemälden an den Wänden 231
  49. Die Kartons zu den beiden Friesen 234
  50. Die weitere Verwendung von neun Kartons als Deckenbilder im Palais Questenberg-Kaunitz 235
  51. Die Präsentation der Kartons an der Decke des Palais Questenberg-Kaunitz Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1940 244
  52. Übergabe aller Kartons 249
  53. Zur Aufbewahrung jener Kartons, die nicht im Palais Questenberg-Kaunitz präsentiert wurden 249
  54. Ausstellungen der Kartons 252
  55. Herstellung und Verwendung von Kartons für Wand- und Deckengemälde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Beispiele und Quellenliteratur 257
  56. Die Papierbahn 257
  57. Die Zeichnung 260
  58. Die Fixierung 263
  59. Die Übertragung an die Wand 265
  60. Die Fresko-Probetafeln 267
  61. Kupelwiesers Palette und Maltechnik 270
  62. Kupelwiesers Papiere: Ein Überblick über die Papierproduktion in der Habsburgermonarchie um 1850 273
  63. Die Papiere für Skizzen und Vorstudien 273
  64. Transparentpapiere 276
  65. Papiere für die Kartons 279
  66. Anhang: Programmentwürfe und Korrespondenzen Nö. Landesarchiv, Varia 8/1a: Programmentwurf I 294
  67. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1b: Programmentwurf II 296
  68. Nö. Landesarchiv, Varia 8/1c: Programmentwurf III 297
  69. Nö. Landesarchiv, Varia 8: Schreiben von Leopold Kupelwieser an Freiherrn Kübeck von Kübau 297
  70. Nö.Landesarchiv, Varia 8: Anweisung Kübeck von Kübaus an Freiherrn Talatzko von Gestiecek 298
  71. Literaturverzeichnis 301
  72. Quellenverzeichnis 305
  73. Personenregister 306
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