Seite - 158 - in Das zusammengedrängte Gedenken

158 Erläuterungstext: „Das Bildnis Kaiser Ferdinand II. (1578 – 1637). Links von demselben eine weibliche Figur mit einer Schriftrolle auf welcher die bekannten höchst merkwür­ digen Worte: non te deseram! zu lesen sind und rechts ein Jüngling mit Maurerkelle und Schwert, welche auf die Worte des Profeten hindeuten: Ihr sollt bei dem Tempelbau mit dem Schwerte gegürtet sein.“ Bei der Darstellung Kaiser Ferdinands II. im Profil mit Halskrause orientierte sich Kupelwieser wahrscheinlich an zeitgenössischen Stichen des 17. Jahrhunderts. Ferdi-nand entstammte der radikal katholischen bayrischen Linie der Habsburger und gilt als einer der schärfsten Verfechter der Gegenreformation. Sein Regiment konnte sich sowohl gegen die protestantischen Kräfte der Stadt Wien durchsetzen als auch gegen das andrängende böh-mische Heer. Die Darstellung der weiblichen Figur mit Ferdinand II. Abb. 257: „Ferdinand II., dazu: weibliche Figur mit Schriftrolle und Jüngling mit Maurerkelle und Schwert“; Fresko; Marmorsaal (Gebäude der Niederösterreichischen Statthalterei). dem Schriftband Non Te Deseram bezieht sich auf die sogenannte Kruzifix-Legende, die im Zusammenhang mit den Ereignissen des Dreißigjährigen Krieges steht. Am 15. Juni 1619 schlug Graf Thun, von den protestanti-schen Ständen der Stadt schon sehnsüchtig erwartet, sein Lager vor Wien auf und beschoss von den Batterien bei St. Ulrich die Burg. Als am Morgen des 16. Juni die evangelischen Stände in die Hofburg einfielen (Sturm-petition)531, soll sich Ferdinand in höchster Not vor das Kruzifix geworfen und Gott um Hilfe angefleht haben. Wilhelm Lamormaini berichtet von dieser Episode und fügt hinzu, es sei von vielen vermutet worden, Christus habe aus dem Kruzifix mit ihm geredet und ihm mit den Worten Non Te Deseram oder Ich werde dich nicht ver­ 531 Vgl.: Völker (1936) p. 3ff.