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III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich
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und ‚stramm rechts‘ zu korrigieren oder zumindest begründet in diese Richtung argu-
mentieren zu können. Tatsächlich umfassen v. a. die öffentlich angekündigten Veran-
staltungen von Burschenschaften in Österreich über die Jahrzehnte eine beachtliche
Bandbreite von Eingeladenen – mit quantitativ allerdings höchst ungleicher Vertei-
lung. Dies ergibt eine Auswertung des vorliegenden Quellenmaterials – Bundchroni-
ken und -zeitungen , Archivalien zu ADC und DBÖ312 , Semesterberichte und Ver-
anstaltungsankündigungen in der Aula usw.
– über den Untersuchungszeitraum. Der
Schwerpunkt der Veranstaltungen lag eindeutig auf solchen mit Vertretern des ‚na-
tional-freiheitlichen‘ Lagers – häufig selbst Korporierte , nicht selten FPÖ-Politiker
oder beides in Personalunion – und der ( sonstigen ) extremen Rechten Österreichs
und Deutschlands. Auch Christlich-Konservative ( einschließlich aktiver ÖVP-Poli-
tiker und ÖCV-Vertreter ) sowie politisch nicht eindeutig verortbare Journalisten und
Professoren fanden in relevanter Zahl als Vortragende den Weg auf Burschenschaf-
terbuden und -feste. Sozialdemokraten traten dort nur sehr vereinzelt auf , noch wei-
ter links zu verortende oder weibliche Vortragende quer durch das ideologische Spek-
trum nahezu nie. Manchmal wurden Vertreter mehrerer Parteien zu Konfrontationen
geladen – so etwa zu den DBÖ-Tagen 1961 ( bzw. dem vorgelagerten Burschenschaft-
lichen Schulungskurs ) und 1968.313 Bruna Sudetia ließ im Jänner 1993 Herbert Scheib-
ner ( FPÖ ) und Harald Himmer ( Junge ÖVP ) über das FPÖ-‚Ausländervolksbegehren‘
und zwei Monate später ihren Bundesbruder Lutz Weinzinger (damals FPÖ-Landtag-
sabgeordneter in Oberösterreich ) mit Heide Schmidt ( damals seit Kurzem im Libera-
len Forum ) über den „Frust der Liberalen in der FPÖ“ diskutieren.314
Die Gewährleistung oder zumindest Simulation einer gewissen Breite der Einla-
dungspolitik entspricht nicht nur dem tatsächlichen Interesse jedenfalls mancher Bur-
schenschafter am Meinungsaustausch mit Andersdenkenden , sondern ist , wie bereits
angedeutet , auch für die burschenschaftliche Öffentlichkeitsarbeit von großer Bedeu-
tung. Dies umso mehr , als Vortragsveranstaltungen zu den wenigen Aspekten des ver-
bindungsstudentischen Lebens zählen , die seitens der Bünde nicht vor der Öffentlich-
keit abgeschirmt , sondern bisweilen sogar mit einer Ausweisfunktion bedacht werden.
Erst die sporadische Einladung dezidiert nicht-rechter Vortragender ermöglicht es , die
312 Vgl. etwa BAK , DB 9 , E. 4 [ A2 ], Anlage 2/5 zum Protokoll des DBÖ-Tages 1960 , 9 , wo die „Personen
des öffentlichen Lebens“ aufgelistet werden , die 1958/59 auf Burschenschaftlichen Abenden in Öster-
reich referierten. Eine allgemein zugängliche , sowohl hinsichtlich der Vortragsthemen als auch der Vor-
tragenden einigermaßen für Burschenschaften in Österreich typische Liste ihrer Burschenschaftlichen
Abende seit den 1960er-Jahren bietet Germania Salzburg unter http://www.germania-salzburg.at/bur-
schenschaft/Arbeit.
313 Vgl. BAK , DB 9 , E. 4 [ B1 ], DBÖ-Rundschreiben Nr. 2 ( Brixia ) vom 16. 1. 1961 , 1 f. bzw. Aula Nr. 6 / 1968 ,
Akademisches Leben , II.
314 Vgl. die Einladungsschreiben der Brunen vom 14. 1. 1993 bzw. ohne Datum ( AVSt ).
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Subtitle
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Author
- Bernhard Weidinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619