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III.5 Wandel und Beharrung
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ordnung aus und sorgte für schwere Verwerfungen im völkischen Verbindungswesen.
Nichtsdestotrotz anerkennt der Großteil der Burschenschaften in Österreich das Bus-
son’sche Regularium nach wie vor als verbindlich – wenn auch nach Cerwinkas Ein-
schätzung im Sinne toten Rechts.421
Für die Frage nach der Wandlungsfähigkeit und -bereitschaft der Burschenschaf-
ten in Österreich ist der Ehrenordnungs-Debatte zu entnehmen , dass jedenfalls in be-
stimmten , vorderhand wenig ideologisierten Bereichen durchaus Dynamik vorhanden
war. Diese erfasste allerdings nicht den Mainstream des Burschenschaftswesens und
führte jedenfalls zum Teil zur Marginalisierung ihrer Protagonisten : Gerade die Er-
neuerungsbereitschaft der Obergermanen habe zu deren Austritt aus der DBÖ geführt ,
merkt Hauska an.422 Truckenthanner wiederum resümiert , sein Bund habe im Zuge
der Debatten um das studentische Fechtwesen 1961 erstmals erkennen müssen , „daß die
Burschenschaft offenbar nicht bereit ist , ein tiefgreifendes und die Substanz anrühren-
des Problem ‚offen , vorbehaltlos und fruchtbringend‘ zu diskutieren“.423 Durch die nach
Dafürhalten der Oberösterreicher zu starre Haltung des Verbandes in Sachen Ehrenord-
nung sah Truckenthanner „einmal mehr“ erwiesen , „daß einstweilen noch das Dogma
als Leitmotiv der Deutschen Burschenschaft in Österreich zu gelten hat“.424 Der „Groß-
teil der Korporationen“ der DBÖ habe über das Duell „nicht reden , geschweige denn
nachdenken“ wollen , resümiert auch Tulzer Jahrzehnte später.425 Die Pflichtmensur als
anderer zentraler Aspekt des verbindungsstudentischen Fechtens wurde ohnehin von
keinem einzigen österreichischen Bund grundsätzlich infrage gestellt.426
Von der tieferen Bedeutung der Satisfaktionsfrage in puncto Kontinuität oder Wan-
del zeugen nicht zuletzt die Argumente , welche die Obergermanen für ihre Position
erfolglos anführten : Die unbedingte Satisfaktion entspreche „in keiner Weise den
Erfordernissen unserer Zeit“, widerspreche dem in der „heute bestehenden Gesell-
schaftsordnung“ gültigen „sittlichen Denken“ und stehe „einer Öffnung der Burschen-
schaft nach außen entgegen“.427 Wenn die Chronik der Oberösterreicher von 1994 die
gestellt wurde ( PBW , internes Rundschreiben des Altherrenverbandes der Germania Innsbruck vom
21. 8. 1975 , 3 ).
421 Auskunft per E-Mail vom 21. 8. 2012. Cerwinka verweist dabei auf einen weitgehenden faktischen Du-
ellverzicht über die letzten Jahrzehnte.
422 Oberösterreicher Germanen 1967 , 169.
423 Ebd., 163.
424 Ebd., 165.
425 Oberösterreicher Germanen 1994 , 21.
426 So Peter Karlsreiter ( Oberösterreicher Germanen ) 1975 , paraphrasiert in PBW , internes Rundschreiben
des Altherrenverbandes der Germania Innsbruck vom 21. 8. 1975 , 3.
427 Memorandum an alle DBÖ-Bünde , versandt vor dem DBÖ-Tag 1967 , wiedergegeben in Oberöster-
reicher Germanen 1967 , 165.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Subtitle
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Author
- Bernhard Weidinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619