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V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen
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FPÖ an die parteiförmige Sozialdemokratie kam es erst im Zuge der sogenannten Habs-
burg-Krise ; diese führte 1963 zur Einrichtung eines „offizielle( n ) Kontaktkommitee( s )
[ sic ]“ zwischen den beiden Parteien , das fortan regelmäßig tagte.294 Unter den fünf von
Grillmayer benannten Teilnehmern auf FPÖ-Seite findet sich mit Kandutsch nur ein
Korporierter. Der zentrale Verbindungsmann aufseiten der SPÖ war Franz Olah , der
auch nach seinem ( bekanntlich nicht zuletzt aufgrund der Finanzierung der FPÖ mit
Gewerkschaftsgeldern erfolgten ) Parteiausschluss in völkischen Kreisen Anklang fand.
Seine 1965 gegründete Demokratische Fortschrittliche Partei ( DFP ) verwirklichte eine au-
toritär-populistische Auslegung der Sozialdemokratie mit deutlichen antisemitischen
Untertönen.295 Frischenschlager zufolge engagierten sich in ihr im Nationalratswahl-
kampf 1966 auch einige mit der FPÖ unter Peter unzufriedene frühere Südtirolterroris-
ten , bevor ihnen die NDP eine neue politische Heimat bot.296 Tatsächlich stellte Burger
nur ein halbes Jahr nach Olahs Wahlmisserfolg auf Bundesebene sein Ultimatum an die
FPÖ-Führung , das der NDP-Gründung unmittelbar vorausging.
Laut Frischenschlager war Peter seit 1966 eher auf eine Koalition mit der SPÖ hin
orientiert ; diese Tendenz habe sich in den folgenden vier gemeinsamen Jahren auf den
Oppositionsbänken und durch die Absage Josef Klaus’ an eine ( rechnerisch mögli-
che ) schwarz-blaue Koalition 1970 noch verstärkt.297 Steger nennt als Beweggründe
Peters neben der den SozialdemokratInnen zugeschriebenen größeren Pakttreue zum
einen programmatische Überschneidungen u. a. im kultur- und gesellschaftspoliti-
schen Bereich , zum anderen den Wunsch nach Salonfähigkeit. Peter habe erkannt ,
dass „nur eine gewisse Kooperation mit der SPÖ das Herausführen der FPÖ aus dem
‚Nazieck‘ ermöglichen würde“, in das sie vor jeder Wahl „hineingeredet“ worden sei.
Die erste freiheitliche Regierungsbeteiligung könnte , so Peter laut Steger , nur mit der
SPÖ gelingen , weil „der historische Freispruch von der NS-Vergangenheit von Links
kommen mußte“. Insgesamt habe ihm eine rot-blaue Koalition günstigere Perspek-
tiven für die Konsolidierung des freiheitlichen Liberalisierungskurses verheißen.298
der Autobiographie gesteht Stüber Gespräche mit SPÖ-Funktionären zu , darunter auch eines mit dem
damaligen Parteivorsitzenden Bruno Pittermann , bei dem u. a. die Koalitionsfrage erörtert worden sei
( vgl. ebd., 248 f. ).
294 Grillmayer 2006 , 106. Vgl. zur Habsburg-Krise ebd., 105 f. sowie Peter 1998 , 150 f.
295 Vgl. zur DFP Konvička 1992 , zu Olah – auch unter dem Gesichtspunkt des Populismus – Karlhofer/
Lichtenberger 1987 sowie zu seiner Rolle gegenüber der FPÖ Grillmayer 2006 ( S. 103 , 108 und 116 ).
296 Telefoninterview vom 27. 3. 2012. Auch die kommunistische Volksstimme sagte Olah Verbindungen zu „deutsch-
nationalen , alt- und neofaschistischen Kreisen“ nach ( Ausgabe vom 12. 2. 1966 , zit. n. Konvička 1992 , 37 , dort
kursiv ). Vgl. ebendort auch die Ausführungen zur populistischen Wahlkampflinie der DFP ( S. 107 ) sowie
zum Wechsel von DFP-Funktionären zur FPÖ in der Niedergangsphase der Partei ( 112 und 115 f. ).
297 Interview vom 24. 2. 2010.
298 Steger 1991 , 61 f. Zu den Warnungen der SPÖ vor einem schwarz-blauen ‚Bürgerblock‘ vgl. ebd., 61 und
Grillmayer 2006 , 156. Frischenschlager zufolge hätten beide Großparteien die FPÖ über die Jahrzehnte
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Subtitle
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Author
- Bernhard Weidinger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 634
- Keywords
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619