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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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87Blicke hinter das Hoftor größen und -typen gelten nur aus dem Blickwinkel der amtlichen Agrarstatistik als strukturelle Gegebenheiten ; aus der Akteurperspektive erscheinen sie auch durch die alltägliche Praxis gemacht. Die Betriebsleiter/-innen entscheiden jährlich, mo- natlich, wöchentlich, ja täglich über den Einsatz der verfügbaren Ressourcen ; diese folgenreichen Entscheidungen werden durch die Bedingungen des Agrarsystems begrenzt und ermöglicht. In den betrieblichen Agrarsystemen der drei Regionen werden einige dieser einschränkenden Bedingungen greifbar : die natürliche und die Verkehrslage in den Gemeinden sowie die Betriebsgrößen, die manche For- men der Bodennutzung vorteilhafter erscheinen lassen als andere, deren Nachteile zu überwiegen scheinen oder die völlig ausgeschlossen sind. Doch vielfach prak- tizierten die Betriebsleiter/-innen unter ähnlichen Bedingungen  – innerhalb ein und derselben Gemeinde und Betriebsgrößenklasse  – unterschiedliche Arten der Bodennutzung. In der Region Matzen äußert sich dies etwa an den Raggendorfer und Auersthaler Betrieben unter fünf Hektar, die sich zwischen reiner und mit Getreide- oder Hackfruchtbau kombinierter Weinbauwirtschaft und, wenn auch seltener, Getreide- und Hackfruchtwirtschaft entschieden. In Weikendorf standen in den Betrieben über fünf Hektar Getreide-, Hackfrucht und Getreide-Wein- bauwirtschaft zur Wahl. In der Region Mank lag in St. Leonhard am Forst und Bischofstetten in fast jeder Größenklasse eine bunte Vielfalt an Betriebstypen vor ; auch in Plankenstein, St. Gotthard und Texing bestand zwischen zwei und zehn Hektar die Alternative zwischen Hackfrucht- und Futterwirtschaft. Selbst in der Region Litschau, die am stärksten auf einen Betriebstyp, die Hackfruchtwirtschaft, festgelegt schien, bestanden Wahlmöglichkeiten, vor allem für die Betriebe über fünf Hektar. So wurden etwa in den Finsternauer Betrieben zwischen fünf und zehn Hektar, neben der vorherrschenden Hackfruchtwirtschaft, drei weitere Be- triebstypen bestimmt. Wenn hier von „entscheiden“, „wählen“ oder „bestimmen“ die Rede ist, dann freilich nicht im Sinn einer völlig freien Entscheidung, Wahl oder Bestimmung ; denn die landwirtschaftliche Praxis ist immer und überall ein- gebettet in bedingende und daraus folgende Strukturen.128 Um die Spur zur Landwirtschaftspraxis weiter zu verfolgen, reichen Betriebs- größe und -typ nicht aus ; denn diese amtlichen Erhebungsmerkmale lenken unsere Blicke auf die vergleichsweise stark strukturabhängige Bodennutzung. Ergänzen wir sie daher durch praxisabhängigere Merkmale : das Maß an Arbeit und Kapital, das die Betriebsleiter/-innen auf ihren Grundparzellen einsetzten. Darauf, nämlich auf den optimalen Arbeits- und Kapitaleinsatz durch die „Betriebsführer“, zielte auch die Wirtschaftsberatung des Reichnährstandes ab. Diese Notwendigkeit er- schien umso drängender, als die „Erzeugungsschlacht“ den „starken Ausbau aller der Maßnahmen, die dazu dienen, den landwirtschaftlichen Betriebsleitern nicht nur das ‚Was‘ nahezubringen, sondern auch das ‚Wie‘ an sie heranzutragen“,129
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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