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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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115Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens milien verfügten Kleinbauernfamilien oft  – wie in diesem Fall  – über ein Paar Ar- beitskühe oder sogar einen Ochsen ; daher waren sie seltener auf wechselseitige Arbeitsbeziehungen mit Pferde besitzenden Bauern angewiesen.163 Der Gang durch den Raum der Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile endet mit den Ackerbäuerinnen  – einer Position, die sich durch die überdurchschnittlich häufige Betriebsleitung durch Frauen von den übrigen abhob. Ihr Merkmalspro- fil vereinte darüber hinaus Getreide-Weinbauwirtschaft, Lage in Auersthal oder Raggendorf, klein- und mittelbetrieblicher Zuschnitt mit zwei bis zehn Hektar, ausgeglichene Zusammensetzung der Arbeitskräfte, verminderte Vieh- und er- höhte Maschinenintensität, Landwirtschaft als Haupterwerb, Zupacht von Par- zellen, Haltung eines Zugpferdes und einiger Kühe, teilweise Mechanisierung, etwa mittels Elektromotoren, Häcksel- und Dreschmaschinen. Es ist schwierig, die Ackerbäuerinnen namentlich in den Hofkarten zu finden ; denn vielfach wurde auch dann, wenn in der Arbeitskräftetabelle eine Frau als Betriebsleiterin angege- ben war, in der Kopfzeile der Name des Ehemannes genannt. Diese Vorgangsweise mochte im Fall der vorübergehenden Abwesenheit des Betriebsleiters, etwa wegen Einrückung zur Wehrmacht, pragmatisch begründet sein ; sie beruhte vielleicht aber auch auf der grundsätzlichen Ansicht des Erhebungsorgans, dass der Mann die Betriebsleitung wenn schon nicht faktisch, dann zumindest nominell inneha- ben solle. Wie auch immer, eine Frau als Betriebsleiterin erschienen aus offizieller Sicht als Ausnahme von der Regel des männlichen „Betriebsführers“.164 Eine der Ackerbäuerinnen war die Frau des zur Wehrmacht eingerückten Raimund Eder, die in Raggendorf eine Weinbauwirtschaft im Ausmaß von 3,1 Hektar bewirtschaf- tete. Davon waren 2,2 Hektar Ackerland und 0,8 Hektar Weingarten. An Getreide, das etwas weniger als die Hälfte der Äcker einnahm, wurden vor allem Roggen, daneben auch Gerste, Hafer und Körnermais angebaut ; gut die Hälfte der Äcker verteilten sich auf Kartoffeln und Futterrüben sowie Futterpflanzen. Die Besitzerin beschäftigte eine Magd sowie eine Taglöhnerin und einen Taglöhner, die zusam- men 30 Arbeitstage im Jahr leisteten. Damit verfügte der Betrieb über 2,1 AKE, die sich aus einem unterdurchschnittlichen Familien-, einem überdurchschnittli- chen Gesinde- und einem durchschnittlichen Taglöhneranteil zusammensetzten. Der Viehstand entsprach 1,1 GVE ; er umfasste eine Milchkuh, eine Ziege und ein Dutzend Hühner. Maschinen waren laut Hofkarte nicht vorhanden. Mit 0,7 AKE pro Hektar erreichte der Betrieb eine durchschnittliche Arbeitsintensität ; jedoch lag die Viehintensität mit und 0,4 GVE pro Hektar unter dem Durchschnitt. Zu- sammen mit dem Kind, das im Haushalt versorgt wurde, betrug der V/A-Quotient 1,7 Personen, was dem Durchschnitt entsprach. Außer dem Weinverkauf hatte die Besitzerin kaum Geldeinnahmen. Obwohl in der Hofkarte nicht vermerkt, ist anzunehmen, dass sie sich neben der Bewirtschaftung des eigenen Anwesens als
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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