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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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153„Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher „Wir Biologen wissen, daß sich der Raum seine pflanzlichen und tierischen Bewoh- ner insofern schafft, als er zu ihm passende Formen anzieht und begünstigt, andere abstößt und verkümmern lässt. Aus diesem Spiel der Kräfte zwischen Boden und Lebewesen ergibt sich ein schließlicher Gleichgewichtszustand, der ganz von selbst arterhaltend und damit formprägend wirkt. Es ist beim Verhältnis zwischen Boden und Mensch nicht anders. Der Boden mit Heimatwert bindet die ihm zugehörigen Menschen, festigt ihre rassische Eigenart, stößt alles Fremde ab und führt schließ- lich zu einem Gleichgewicht von Blut und Boden. Der seines Heimatwertes entkleidete Boden dagegen macht die Menschen, die ihn bewohnen, allem Fremden zugänglich, empfänglich für andersrassische Einflüsse, entwurzelt sie und vernichtet die Bindungen von Blut und Boden [Hervorhebungen im Original].“7 Der Autor beließ seine Ausführungen zur Naturalisierung des Gesellschaftlichen nicht im Abstrakten, sondern bezog sie auf konkrete „Landschafträume“ in Nie- derdonau ; dabei erhielt das Marchfeld, wie in der Arbeit der Deutschen Studen- tenschaft, eine unheilvolle Bedeutung zugeschrieben : „Ich brauche wohl nicht besonders darauf hinzuweisen, welche Bedeutung der land- wirtschaftliche Schaffensraum für den Bauern und Landarbeiter hat. Beide wissen es meist nicht, was sie bei richtiger Flurgestaltung an die Scholle fesselt und bei schlech- ter Gestaltung ihres eigenen Arbeitsraumes entwurzelt und zur Stadtflucht drängt. Die Heimat zieht und hält fest ; man sehe sich nur einmal unsere alpenländischen Bauern an oder die Bauern des Alpenvorlandes, wo überall noch Heimatwert die Flurgestaltung auszeichnet. Das Chaos dagegen stößt ab, macht den Boden zur Ware ohne innere Beziehung zum Menschen ; man sehe sich dazu unsere Flachlandbauern im Marchfeld, in etlichen Gebieten des Weinviertels von Niederdonau und überhaupt im größten Teil des Ostraumes des Gaues Niederdonau an.“8 Die Pseudolehre von den Anziehungs- und Abstoßungskräften des „Bodens“ ge- genüber dem „Blut“ war kein belangloses Hirngespinst eines Provinzintellektu- ellen, sondern dazu angetan, den „Landschaftsraum“ als politischen Planungsge- genstand zu rechtfertigen. „Richtige Flurgestaltung“ hieß, die chaotische, durch Grundstückszusammenlegungen geschaffene „Kultursteppe“ in eine heimatliche, ursprüngliche Heckenlandschaft rückzuverwandeln.9 Damit verfing sich der Autor unbeabsichtigt in einem Widerspruch : Die als ‚natürlich‘ angenommene Verbindung von „Blut und Boden“ sollte ‚künstlich‘ (wieder-)hergestellt werden. Gerade dieser Widerspruch zwischen Soll- und Ist-Zustand, der gleichsam zur „Tat“10 aufrief, war konstitutiv für die Wirkmächtigkeit der „Blut und Boden“- Metapher.
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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