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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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170 „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe „Das Reichserbhofgesetz wurde in der Ostmark anfangs nicht überall mit Beifall be- grüßt. Dies ist dadurch begreiflich, daß die Bauernschaft mit ihrem konservativen Sinn, der allen Neuerungen abhold ist, mancherort ein gewisses Mißtrauen hatte. Hierzu haben verschiedene Tatsachen beigetragen. Am meisten wurde von bäuerli- cher Seite anfangs dagegen Stellung genommen, daß das Erbhofrecht das Eigentum des Bauern in mancher Art einschränke. Erst langsam kämpft sich die Erkenntnis durch, daß diese Einschränkungen doch nur im ureigenen Interesse der Bauernschaft verfügt werden.“95 Eine gewisse Gespaltenheit spricht aus dieser Beschreibung : Einerseits erhob der Autor im Sinn der nationalsozialistischen „Menschenführung“96 den Anspruch, die Erziehung der „Bauernschaft“  – die ihr „ureigenes Interesse“ verkenne  – vor- anzutreiben. Andererseits nahm er, unter Projektion von Wesenszügen wie „kon- servativ“, „fortschrittsfeindlich“ und „misstrauisch“, den bäuerlichen Eigensinn zur Kenntnis. Sinngemäß heißt es, etwas resignierend, 1941 im Leistungsbericht der Landesbauernschaft Donauland : „Eine weitere Aufklärungsarbeit über das Reichserbhofgesetz wird noch jahrelang in erheblichem Umfang nötig sein, da die umwälzenden und weit einschneidenden Maßnahmen des Reichserbhofgesetzes zum Teil nur langsam, insbesonders in den Realteilungsgebieten, Eingang in das Rechtsdenken der bäuerlichen Bevölkerung nehmen können.“97 Aus dieser zwiespältigen Problemwahrnehmung folgten zwei Lösungsvorschläge, die  – ohne die Grundsätze des REG zu verletzten  – dem „bäuerlichen Rechts- denken“ ein Stück weit entgegenkommen sollten. Der erste Vorschlag betraf das Ehegüterrecht, vor allem den „im Bauerntum der Ostmark tief verwurzelte[n] Gedanke[n] der Gütergemeinschaft der Ehegatten“.98. Zwar gestattete die Erb- hofrechtsverordnung Ehegattenerbhöfe für den Ausnahmefall, dass der Hof zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der REG im gemeinschaftlichen Eigentum von Ehe- gatten stand ; doch beim nächsten Erbgang galt die Regel des Alleinbesitzes.99 In Niederösterreich war jedoch bis in die Zwischenkriegszeit die eheliche Güterge- meinschaft die Regel, der Alleinbesitz die Ausnahme.100 Da sich das REG „die- sem bäuerlichen Rechtsdenken nicht anschließt, ist zu beobachten, daß vielfach Eheschließungen unterbleiben, die sonst stattgefunden hätten“ ; denn nicht im Grundbuch eingetragene Witwen und ledige Bauerntöchter als mögliche Erbin- nen würden kaum heiratswillige Männer finden  – und wenn es doch dazu komme, dann zeigten die nicht im Grundbuch als Miteigentümer vermerkten Ehemänner wenig Engagement für die Wirtschaftsführung und seien nur auf ihren eigenen
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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