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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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200 „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe an die Scholle  – entsprechender Strukturen, um praktische Wirkung zu entfal- ten. Dies lässt sich an der Erbhofgerichtsbarkeit, dem zentralen Machtdispositiv des „Blut und Boden“-Diskurses, zeigen. Diese Praxisperspektive kann uns davor bewahren, die Gerichtsbarkeit als bloße Umsetzungsmaschinerie der Normen des Reichserbhofrechts zu verkennen. Aufmerksame Beobachter wie der US-amerika- nische Ökonom John Kenneth Galbraith erkannten bereits in den späten 1930er Jahren die „elastische Auffassung“ des REG durch die Gerichte.199 Diese Erkennt- nis ist seit den 1970er Jahren durch eine Reihe von Studien zur Erbhofgerichts- barkeit im „Dritten Reich“ erweitert und vertieft worden.200 So etwa arbeiteten Regionalstudien zur Umsetzung des REG in den niedersächsischen Landkreisen Celle und Stade die pragmatische, das „Blut und Boden“-Dogma abschwächende Vermittlungstätigkeit der AEG zwischen Staatsbürokratie, Reichsnährstand und NSDAP auf der einen Seite sowie bäuerlicher Bevölkerung auf der anderen Seite präzise heraus.201 Trotz des Blickwechsels von der Norm- zur Praxisebene haben sich die meisten Studien auf die Reaktionen der Verfahrensbeteiligten in Abhän- gigkeit von den Aktionen der AEG als „Vollzugsorgane[n] der Erbhofpolitik“202 beschränkt. Ergänzend gilt unser Augenmerk hier den alltäglichen Aktionen ländlicher Akteure, die Amtsträger des NS-Systems immer wieder zu Reaktionen veranlassten. Erst im Wechselspiel von System- und Akteurperspektive wird die Erbhofgerichtsbarkeit als gesellschaftliches Kräftefeld fassbar. Tabelle 3.6 : Verfahren an AEG im Landkreis Stade 1933–1945 und im AGB Eggenburg 1938–1945 Sachverhalt Landkreis Stade AGB Eggenburg Zahl der Fälle Fälle pro 100 Verfahren Fälle pro 100 Erbhöfe Zahl der Fälle Fälle pro 100 Verfahren Fälle pro 100 Erbhöfe Erbhofstatus 502 19,3 18,9 26 16,7 6,5 Bodenmobilität 906 34,9 34,1 64 41,0 15,9 Vererbung 749 28,9 28,2 48 30,8 11,9 Kreditaufnahmen 353 13,6 13,3 3 1,9 0,7 Sanktionen 83 3,2 3,1 10 6,4 2,5 Sonstiges 2 0,1 0,1 5 3,2 1,2 Gesamtheit 2.595 100,0 97,8 156 100,0 38,8 Quelle : eigene Berechnungen (Datenbasis : 156 Gerichtsverfahren) nach NÖLA, BG Eggenburg, Erb- hofakten ; Münkel, Agrarpolitik, 202.
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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