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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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201Schollenbindung oder Parzellenhandel ? Ähnelte die Erbhofgerichtsbarkeit in den Reichsgauen der Ostmark jener im „Altreich“ oder zeigte sie deutliche Unterschiede ? Ein Vergleich zwischen dem niedersächsischen Kreis Stade und dem in Niederdonau gelegenen AGB Eggen- burg im Kreis Horn liefert Hinweise zur Beantwortung dieser Frage (Tabelle 3.6). Freilich ist die Vergleichbarkeit der beiden Regionen durch die unausgewogenen Fallzahlen  – 2.595 in Stade und 156 in Eggenburg  – und die ungleichen Beob- achtungszeiträume  – 1933 bis 1945 in Stade203 und 1938 bis 1945 in Eggenburg  – eingeschränkt ; doch können wir aus den Verteilungen der Erbhofgerichtsverfahren zumindest grobe Tendenzen ablesen. Während Verfahren zum Erbhofstatus und zur Vererbung in beiden Regionen etwa gleich verteilt waren, traten unter den verhandelten Sachverhalten in Stade Kreditaufnahmen (13,6 bzw. 1,9 Prozent) und in Eggenburg Bodenmobilität (34,9 bzw. 41,0 Prozent) und Sanktionen (3,2 bzw. 6,4 Prozent) mehr oder weniger deutlich hervor. Das regionale Ungleichge- wicht der Kreditaufnahmen hing zweifellos mit den ungleich langen Friedenspe- rioden der NS-Herrschaft im „Altreich“ und in der Ostmark zusammen : In Stade wurden 1934 bis 1939 grundbücherlich abgesicherte Kredite für Betriebsinvesti- tionen in großem Umfang beantragt  – und überwiegend genehmigt  –, bevor im Zuge der kriegsbedingten Einschränkungen die Zahl der Anträge von Jahr zu Jahr sank.204 In der Ostmark beschränkte sich die Periode zwischen der Einführung des REG 1938 und dem Kriegsbeginn 1939 auf etwa ein Jahr. Zudem konnten Erbhofeigentümer/-innen im Zuge der Entschuldungs- und Aufbauaktion bis Jahresende 1938 staatliche Zuschüsse und Darlehen beantragen.205 Entsprechend selten wurden in Eggenburg Anträge zur Aufnahme von Hypothekarkrediten an das AEG eingebracht. Wie war das Übergewicht von Bodenmobilitäts- und Sanktionsverfahren in Eggenburg begründet ? Eine Spur zur Beantwortung dieser Frage legt Ernst Spat- schil, der mit der Einführung des REG in Niederdonau befasste Abteilungsleiter der Landesbauernschaft Donauland : „Bei Prüfung der Frage, ob ein wichtiger Grund für die Veräußerung [einer Parzelle oder des ganzen Hofes] vorliegt, wird derzeit von den Anerbengerichten in der Ost- mark meist ein milderer Standpunkt eingenommen, weil wir uns noch in der Über- gangszeit befinden und eine allzu unnachgiebige Anwendung der einschlägigen ge- setzlichen Bestimmungen auf die Bauernschaft verstimmend wirken könnte.“206 Der „mildere Standpunkt“ fand in den Urteilssprüchen des AEG Eggenburg sei- nen Niederschlag (Tabelle 3.7) : Von den 64 Anträgen von Erbhofeigentümer/- innen betreffend Bodenmobilität, das heißt Verkauf, Tausch oder Verpachtung von Parzellen oder ganzen Höfen, wurden 61, davon 59 ohne Auflagen, genehmigt ;
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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