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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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202 „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe dem stand nur eine Ablehnung gegenüber. Die Strategie der AEG, in der „Über- gangsphase“ den Bogen der Zumutungen durch das REG nicht zu überspannen, bot für Erbhofeigentümer/-innen einen gewissen Anreiz für das Einbringen von Verkaufs-, Tausch- und Verpachtungsanträgen ; sie widerspricht aber dem Über- hang an Sanktionsverfahren, die zur Hälfte den Anträgen des Kreis- oder Landes- bauernführers gegen die Hofeigentümer/-innen Recht gaben. Der auf die Eindäm- mung bäuerlichen Unmuts ausgelegte Kurs der Anerbengerichte allein reicht nicht aus, um das Übergewicht von Bodenmobilitäts- und Sanktionsverfahren im AGB Eggenburg zu erklären. Auf der Suche nach tragfähigeren Erklärungen lohnt es, die Untersuchungs- region genauer unter die Lupe zu nehmen. Der AGB Eggenburg lag am Über- gang des Weinviertels im Nordosten Niederdonaus zum Horner Becken, das land- schaftlich zum westlich gelegenen Waldviertel, agrarstatistisch zum nach Osten anschließenden Produktionsgebiet Pannonisches Hügelland gehörte. Der Osten der Region war durch Zwerg- und Kleinbauernbetriebe mit gemischtem Acker- und Weinbau geprägt ; im Westen traten Acker- und Forstwirtschaft in mittel- und großbäuerlichen Betrieben hervor (Abbildung 3.7, Anhang). Die unterschiedli- chen Agrarsysteme drückten der Erbhofdichte ihren Stempel auf : Während in der Weinbauzone nur 26 Prozent der Betriebe den Erbhofstatus besaßen, lag dieser Anteil in den Gemeinden ohne Weinbau bei 36 Prozent. Damit waren unter- schiedliche Verteilungen der Grundbesitzgrößen verbunden : In den Weinbauge- meinden bewirtschaftete mehr als die Hälfte der Betriebsbesitzer/-innen weniger als fünf Hektar Land ; dagegen verfügten in der weinbaulosen Zone mehr als zwei Drittel über fünf oder mehr Hektar (Tabelle 3.8). Die „Ackernahrung“, der zur Versorgung einer Bauernfamilie erforderliche Grundbesitz, rangierte im AGB Eg- genburg etwas über der gesetzlichen Vorgabe von 7,5 Hektar, nämlich zwischen acht und zehn Hektar. Folglich waren die Mehrheit der Betriebe im Weinbauge- biet und eine beträchtliche Minderheit der Betriebe im Rest der Region wegen mangelnder „Ackernahrung“ vom Erbhofstatus ausgeschlossen. Zwischen den Agrarsystem-Merkmalen und der Verteilung der Erbhofgerichts- verfahren können wir auffällige Zusammenhänge erkennen (Tabelle 3.9). Verfahren betreffend Bodenmobilität wurden in den Weinbaugemeinden doppelt so oft be- antragt als im Rest des AGB (52,9 bzw. 26,8 Prozent) ; die durchschnittliche Zahl der Verfahren pro 100 Höfen war fast dreimal so groß (24,7 bzw. 8,6 Fälle). Weiters wurden in der Weinbauzone weitaus häufiger als in den übrigen Gemeinden An- träge auf Sanktionen eingebracht (10,6 bzw. 1,4 Prozent, 4,9 bzw. 0,5 Fälle pro 100 Höfe). Genauer besehen, trugen Verkauf und Tausch von Grundparzellen sowie Überprüfungen der „Bauernfähigkeit“ am meisten zu den regionalen Unterschie- den bei. Folglich dürfte das Übergewicht an Bodenmobilitäts- und Sanktionsver-
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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