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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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218 „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe zwei Überprüfungen konfrontiert waren, liegen 28 Verfahren vor. Neun Zehntel der Verfahren liefen in Eggenburg und Tulln, der Rest an anderen AEG. Die Hälfte der Verfahren wurde 1941/42 angestrengt ; die übrigen Anträge erfolgten 1939/40 und 1943/44. Die betreffenden Höfe umfassten großteils zwischen zehn und 50 Hektar Betriebsfläche ; nur wenige rangierten unter den Zehn-Hektar-Marke  – und damit an der Grenze zur gesetzlichen „Ackernahrung“. Für die Beurteilung der „Erbhof- bauern“ zählten in der Praxis vor allem zwei Maßstäbe : die „Wirtschaftsfähigkeit“ in 19 Fällen und die „Ehrbarkeit“ in neun Fällen, wobei drei Verfahren beide Sach- verhalte zugleich verhandelten. Fast zwei Drittel der Verfahren wurden im Sinn der Antragsteller/-innen  – meist des Kreis- oder Landesbauernführers, manchmal auch der Hofeigentümer/-innen oder anderer Beteiligter  – entschieden ; die restlichen Anträge wurden abgelehnt, zurückgezogen oder beim Zusammenbruch des „Drit- ten Reiches“ 1945 ohne Urteilsspruch ad acta gelegt (Tabelle 3.11). Die Verfahren verteilen sich entsprechend ihrer (Un-)Ähnlichkeiten im mehrdi- mensionalen Raum der „Bauernfähigkeit“. Zwei Verfahren mit fehlenden Angaben und eines betreffend die Staatsbürgerschaft fallen weg ; dadurch vermindert sich die Zahl der ausgewerteten Gerichtsverfahren auf 25, die durch sechs Merkmale  – AEG, Antragsjahr, Betriebsgrößenklasse, „Ehrbarkeit“, „Wirtschaftsfähigkeit“ und Verfahrensausgang  – gekennzeichnet sind. Die beiden wichtigsten Dimensionen dieses Raumes erklären bereits 71 Prozent der gesamten Streuung der Punktwolke ; daher bleiben die weiteren Dimensionen außer Acht. Die erste Dimension, die allein 44 Prozent der Gesamtstreuung erklärt, wird durch die Spannungsmomente AEG Tulln und Eggenburg, groß- und kleinbetrieblicher Zuschnitt sowie späte und frühe Antragstellung bestimmt ; sie bezeichnen den Verfahrenskontext. Auf der zweiten Dimension, der Verfahrensart mit 27 Prozent erklärter Streuung, ste- hen die Sachverhalte „Wirtschaftsfähigkeit“ und „Ehrbarkeit“ sowie Rückzug und Ablehnung des Antrages einander gegenüber (Abbildung 3.9). Im Raum der „Bauernfähigkeit“ lassen sich einige Zusammenhänge zwischen Erbhofgerichtsbarkeit und Kriegsernährungswirtschaft fassen. Noch 1939/40 herrschte ein annäherndes Gleichgewicht zwischen Ehrbarkeits- und Wirt- schaftsfähigkeitsverfahren mit Schwerpunkt auf kleineren und mittleren Erbhö- fen im Horner Becken. Beantragte Aberkennungen der „Bauernfähigkeit“ fanden nur selten die Zustimmung der AEG. Offenbar wollten die Amtsträger das aus dem „Altreich“ übernommene REG an die ostmärkischen Gewohnheiten anpas- sen, um den bäuerlichen Unmut gegen alltagsferne Gesetzesbestimmungen nicht ausufern zu lassen.264 So berichtete Ernst Spatschil als Insider, dass „die bäuerli- chen Gerichte in der Ostmark in der Übergangszeit bei Prüfung der Wirtschafts- fähigkeit keinen besonders strengen Maßstab anlegen konnten“.265 Zudem trat die Schuldengrenze für die Begründung eines Erbhofes in der Ostmark erst 1941 in
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Schlachtfelder
Untertitel
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Autor
Ernst Langthaler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
948
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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